Kommunalpolitik:Seniorenbeirat für Tutzing

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Die Tutzinger Gemeinderätin Caroline Krug (ÖDP) kämpft schon seit Jahren für einen Seniorenbeirat. (Foto: privat/oh)

In der 10 000-Einwohner-Gemeinde gibt es bereits einen Jugendbeirat. In Zukunft sollen aber auch ältere Menschen mehr mitreden dürfen.

Von Viktoria Spinrad, Tutzing

In Tutzing sollen ältere Menschen über 60 Jahre in Zukunft künftig mehr politische Mitwirkungsmöglichkeiten bekommen. Als Seniorenbeirat soll eine Gruppe von ihnen Themen direkt in den Gemeinderat einspeisen können und dort auch Rederecht bekommen. Bedingung ist, dass mindestens 100 Senioren das neue Gremium wählen. Das hat der Tutzinger Gemeinderat am Dienstag mit nur einer Stimme Mehrheit beschlossen.

Der Entscheidung war eine hitzige Debatte vorausgegangen, in der viele den Nutzen des Seniorengremiums infrage stellten. Die Kernfrage: Was bringt ein zusätzliches Gremium in Tutzing, wo doch schon viele der Gemeinderäte selbst über 60 sind? Doch Senioren sind zahlenmäßig eine mächtige Klientel in der 10 000-Einwohner-Gemeinde, gut ein Drittel davon über 60 Jahre alt.

Politische Ansprechpartnerin für sie ist ÖDP-Gemeinderätin Caroline Krug: Sie ist Referentin für Soziales und Senioren sowie Freiwillige bei der Ambulanten Krankenpflege im Ort. Seit Jahren kämpft sie für die Einführung eines Seniorenbeirats. In einer mehrere Seiten langen Rede warb sie am Dienstagabend für das Modell. Durch die Digitalisierung würden viele Senioren von der gesellschaftlichen Teilhabe abgeschnitten, viele gerieten in eine Einsamkeitsfalle. Krug: "Ein Gemeinderat kann einen Seniorenbeirat nicht ersetzen."

Bettina Hartwanger, Koordinatorin in der Fachstelle für Seniorenarbeit im Landratsamt Starnberg, verwies darauf, dass es in anderen Gemeinden im Landkreis längst Seniorenbeiräte gibt. "Wo es sie gibt, werden Senioren viel ernster genommen", sagte sie. Laut Hartwanger, die auf Statistiken verwies, werde es im ohnehin überalterten Landkreis Starnberg immer mehr Pflegebedürftige geben.

Auf Betreiben des Starnberger Seniorenbeirats entstand im Starnberger Bucentaurpark 2023 eine Fitnessanlage für betagtere Mitbürger. Bei der Einweihung freuten sich darüber (v.li.) Gerd Weger (Mitglied des Seniorenbeirats), Bürgermeister Patrick Janik und Langstreckenläuferin Brigitte Biermanski. (Foto: Arlet Ulfers/Arlet Ulfers)

Doch es gab auch Widerspruch: Im Tutzinger Gemeinderat sind viele über 60-Jährige präsent, während unter-18-Jährige derzeit nicht einmal wählen dürfen. Auf diese Diskrepanz verwies Paul Friedrich, Vorsitzender des Tutzinger Jugendbeirats und Co-Vorsitzender der Kreis-FDP. Zwar könne ein Seniorenbeirat das Gemeindeleben bereichern, es gebe dann aber eine Generation, "die doppelt vertreten ist". Das sehe er kritisch.

Auch Wolfgang Behrens-Ramberg (TL) äußerte Bedenken. "Wir verstehen uns als Rat für alle Tutzinger", sagte er. Der Gemeinderat beschäftige sich ebenso mit Kitas wie mit der Barrierefreiheit des Buttlerhofs. "Wir sind nicht defizitär an Seniorenthemen". Auch die Grünen blieben kritisch: "Ich sehe nicht, dass Seniorinnen und Senioren nicht ernst genommen werden", sagte Flora Weichmann. Die Grünen plädierten dafür, den Aspekt der politischen Teilhabe aus der Satzung zu streichen - eine Forderung allerdings, die gar nicht mehr zur Abstimmung kam.

Regelmäßig trifft sich der Tutzinger Jugendbeirat in der Rathaustenne, um seine Themen zu besprechen. (Foto: Viktoria Spinrad)

Auch Jugendbeauftragter Claus Piesch (FW) hatte so seine Zweifel. Eigentlich, sagte er, wäre ein Seniorenbeirat nicht nötig. Wenn aber bereits Engagement vorhanden sei, sei es einen Versuch wert. Auch Stefanie Knittl (SPD) plädierte für einen Seniorenbeirat und mahnte vor einem Ausspielen gegen den Jugendbeirat: "Ich sehe keinen demokratischen Wettbewerb", sagte sie.

Begleitet wurden die Kommentare von Klatschen und Buh-Rufen einer Gruppe Seniorinnen und Senioren, die im Publikum saßen - ein Umstand, den Bürgermeister Ludwig Horn (CSU) mit Hinweis auf die Geschäftsordnung unterband. Bei der noch anzusetzenden Seniorenbürgerversammlung müssen nun mindestens 100 Wahlberechtigte die Vertreter wählen - eine Art Bewährungsprobe, die auf Vorschlag von Thomas von Mitschke-Collande (CSU) eingebaut wurde.

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