Tutzing:Harmonischer Schlagabtausch

Lesezeit: 3 min

SZ-Redakteurin Viktoria Spinrad, Bürgermeisterin Marlene Greinwald, Herausforderer Ludwig Horn und Redaktionsleiter Florian Zick (von links) diskutieren im Tutzinger Roncallihaus. (Foto: Arlet Ulfers)

Beide Bürgermeister-Kandidaten wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen, Gewerbe ansiedeln und den Ort beleben. Dennoch gibt es Unterschiede, wie bei der SZ-Podiumsdiskussion deutlich wird.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Tutzing

Gewerbe, Verkehr, hohe Parkgebühren und Schandflecke, wie Andechser Hof, Seehof-Gelände oder Bahnhof: Dies waren die Hauptthemen auf der Podiumsdiskussion mit den Tutzinger Bürgermeisterkandidaten am Freitag im Roncallihaus, zu der die SZ eingeladen hatte. Wie sehr die Tutzingerinnen und Tutzinger an der Ortspolitik interessiert sind, bewies der große Andrang von mehr als 200 Besuchern. SZ-Redaktionsleiter Florian Zick und Redakteurin Viktoria Spinrad, die als Moderatoren fungierten, stellten immer wieder neue Stühle dazu. Doch sie reichten nicht aus. Viele Besucher mussten sich mit einem Stehplatz begnügen, einige verfolgten die sehr sachlich geführte Diskussion durch die Tür vom Foyer aus.

Die 61-jährige amtierende Bürgermeisterin Marlene Greinwald von den Freien Wählern und ihr Gegenkandidat, der CSU-Gemeinderat, Kreisrat und Ortsvorsitzende Ludwig Horn setzten auf so viel Harmonie, dass die Frage aus dem Publikum kam, wo denn die Unterschiede seien. Die gibt es natürlich. Mit Blick darauf, dass in Tutzing nach dem Tod des früheren Bürgermeisters Rudolf Krug im Jahr 2017 die Bürgermeisterwahl zeitversetzt zu den Kommunalwahlen stattfindet, plädierte Horn für eine verkürzte Amtszeit, um 2026 wieder zu einem gemeinsamen Termin zu kommen. Nach Meinung Greinwalds indes würde dies nur zu einem "Dauerwahlkampf" führen. Sie setzt auf Erfahrung und Kontinuität.

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Auch die Art der Kommunikation ist generationsgemäß unterschiedlich. Der 27 Jahre alte Wirtschaftsinformatiker Horn sprach sich für einen 14-tägigen Bürgermeisterbrief, regelmäßige Ortsteilversammlungen und insbesondere für die Verbreitung von Informationen in den digitalen Medien aus. Auch bei unbequemen, aber notwendigen harten Entscheidungen könne durch Kommunikation Verständnis beim Bürger geschaffen werden, erklärte Horn, der in einer CSU-Talentschmiede ein Förderprogramm absolviert. Man müsse aus Betroffenen Beteiligte machen. Sein Motto ist "Miteinander reden und gemeinsam gestalten". Greinwald setzt auf das persönliche Gespräch mit den Bürgern und auf Präsenz vor Ort. Jeder, der Interesse an der Ortspolitik habe, könne sich Informationen holen. Sie ist bekannt für ihren Pragmatismus und könne Gegenwind, wie etwa bei der Sanierung der Hauptstraße, gut ertragen. "Frauen sind ohnehin gut im Ertragen", sagte die staatlich geprüfte Wirtschafterin für Landbau, die am Niederrhein geboren ist und der Liebe wegen nach Tutzing kam. Sie müsse nicht jedermanns Liebling sein.

Mehr als 200 Tutzingerinnen und Tutzinger verfolgten die Diskussion im Roncallihaus. (Foto: Arlet Ulfers)

Beide Kandidaten sind übrigens fest verwurzelt in der Gemeinde und vertreten die Ansicht, dass Wünsche nur umgesetzt werden können, wenn nach der Erfüllung der Pflichtaufgaben noch finanzielle Spielräume vorhanden sind. Daher ist nach Ansicht von Horn "eine der allergrößten Aufgaben" die Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen. Man müsse mehr Gewerbe nach Tutzing holen und dennoch den Ortscharakter erhalten. Greinwald verwies darauf, dass sich in ihrer Amtszeit die Gewerbesteuereinnahmen auf nunmehr acht Millionen Euro im Jahr verdoppelt hätten. Tutzing sei bereits "im Flow", die Leute wollten in Tutzing leben und arbeiten, erklärte Greinwald. Das Problem seien die hohen Grundstückspreise.

Handwerksbetriebe oder Bürger, die nicht reich sind, könnten sich die hohen Kosten für Arbeiten und Wohnen nicht mehr leisten. Die Amtsinhaberin plädierte für eine Gewerbeansiedlung in den Ortsteilen, beispielsweise an der Kiesgrube in Traubing. Zudem verwies sie auf die Planung von 80 Genossenschaftswohnungen am Schönmoos. Über die Aufstellung von Bebauungsplänen könne die Gemeinde Einfluss nehmen, beispielsweise verdichten. Es dürfe aber nicht zu eng und nicht zu hoch sein, sonst seien Widerstände programmiert. Das Wohnungsproblem lässt sich nach Ansicht von Horn nicht im Gemeinderat lösen, sondern nur zusammen mit den Vermietern. Man könnte eventuell eine Wohnplattform schaffen nach dem Motto "von Tutzingern für Tutzinger".

Ludwig Horn fordert Bürgermeisterin Marlene Greinwald (FW) heraus - hier im Oktober bei einer SZ-Podiumsdebatte im Roncallihaus. (Foto: Arlet Ulfers)

Bei der Diskussion wurden die Themen Flüchtlingsunterkunft und Klimaschutz nur gestreift. Auf die Frage zum Schandfleck Bahnhof räumte Greinwald ein, dass die Bahn noch in der Entscheidungsfindung sei. Daher habe die Gemeinde bislang die Toiletten nicht sanieren und keine hochwertigen Fahrradständer aufstellen können. Beim Seehof hätte es kürzlich Gespräche mit dem Investor gegeben, der laut Greinwald schon bald Pläne vorlegen wolle. In Sachen Andechser Hof gibt es offenbar unterschiedliche Betrachtungsweisen zur Gestaltung des städtebaulichen Vertrags, wie ein Diskurs mit der Miteigentümerin Conny Schuster gezeigt habe.

Gerade die Fragen aus dem Publikum machten deutlich, wie schwer es politische Newcomer haben, sich gegen einen Amtsinhaber oder eine Amtsinhaberin zu behaupten. Während Greinwald mit Zahlen und Details punkten konnte, hielt sich Horn bei den Fragen der Bürger zurück. Allerdings plädierte er dafür, mit betroffenen Eigentümern das Gespräch zu suchen und Konzepte unter Einbeziehung der Bürger zu erarbeiten. Am Ende waren sich die Kandidaten einig, dass es mehr Gleichberechtigung in den Gremien braucht. Greinwald wünscht sich mehr Frauen in der Politik und Horn plädierte für ein konstruktives Miteinander von Mann und Frau sowie Alt und Jung.

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