Tutzing/München:Eklat bei Prozessauftakt

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Tutzinger Holocaust-Leugner muss sich vor Landgericht verantworten

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat vor dem Landgericht München II der Prozess gegen einen deutsch-kanadischen Holocaust-Leugner aus Tutzing und dessen Schwester begonnen. Noch vor Beginn der Verhandlung sorgte der 63-Jährige für einen Eklat. Als seine Schwester, die sich in Untersuchungshaft befindet, von einer Wachtmeisterin in den Gerichtssaal geführt wurde, stellte er sich vor sie und erhob mehrmals den rechten Arm zum "Hitler-Gruß". Die 59-Jährige quittierte dies mit einem Lächeln. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft machte sich zwar Notizen von dem provozierenden Auftritt, schritt aber nicht ein. Die Anklage legt dem 63-Jährigen und seiner in Kanada lebenden Schwester Volksverhetzung zur Last. Die 59-jährige Deutsch-Kanadierin war Anfang dieses Jahres während eines Prozesses am Landgericht München II, den sie als Zuschauerin verfolgte, festgenommen worden. In dem Verfahren hatte sich eine ehemalige Rechtsanwältin aus dem Landkreis Ebersberg ebenfalls wegen Volksverhetzung verantworten müssen.

Der Bruder der 59-Jährigen betätigt sich unter anderem als Blogger in der rechten Szene und tritt bei Aufmärschen von Rechtsradikalen als Redner auf. So zum Beispiel beim Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Februar 2017. Nach Überzeugung des Amtsgerichts Dresdens habe der 63-Jährige dabei vor rund 200 Zuhörern die Verbrechen der Nationalsozialisten verharmlost. Es verurteilte ihn wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 5000 Euro. In dem Verfahren vor dem Landgericht München II, das am Montag begann, wird dem 63-Jährigen vorgeworfen, er habe über seinen You-Tube-Kanal selbstproduzierte Videos verbreitet, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen. In den Filmen wird der Genozid an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten während des Dritten Reichs geleugnet. In anderen Videos schürt der 63-Jährige laut Staatsanwaltschaft Hass gegenüber in Deutschland lebenden Asylbewerbern. In einigen der Videos tritt auch die Schwester des Angeklagten auf und leugnet den Holocaust.

Zum Auftakt des Prozesses vor der 3. Strafkammer bezeichnete der 63-Jährige das Gericht als "Muppet Show" und sagte, er sei Bürger des "Deutschen Reiches" und unterstehe somit nicht der Gerichtsbarkeit der BRD. Ein Urteil wird für Mitte Juli erwartet.

© SZ vom 03.07.2018 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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