Es sind zwei sehr unterschiedliche Gruppen, die am Samstagnachmittag nach Gut Dietlhofen gekommen sind: Die eine besteht aus Familien mit Kindern, die sich rasch als Freunde eines possierlichen grünen Drachens outen, zu dessen Gefährten auch ein Schneemann und ein Marienkäfer zählen. Die andere Gruppe umfasst ältere Menschen in Allwetterkluft und Leder, die gerne Motorrad fahren und bis aus Hamburg angereist sind. Sie verehren einen Deutschrocker, der demnächst den 70. Geburtstag feiert - aber so fabelhaft in Schuss ist, wie die schweren Maschinen, die auf dem Gut im Nieselregen stehen.
Beim Tabaluga Kinder- und Familienfest der Peter Maffay Stiftung finden beide Fanlager in einem großen Gebäude zusammen, das treffend "Begegnungsscheune" getauft und am Samstag seiner Bestimmung übergeben wurde. Schon die Einrichtung spricht beide Gruppen gleichermaßen an: Sie erinnert an ein überdimensionales Blockhaus, das gut als Cafeteria eines Winnetou-Museums durchgehen könnte. Das Mobiliar besteht aus Bar, Tischen und Bänken in lackiertem "Antikholz", die mit Fellen bedeckt sind. Über der Tür hängt ein präparierter Bisonkopf, vier Totempfähle - einer davon offensichtlich von Kinderhänden gestaltet - stehen vor den Bretterwänden. In Schaukästen werden historische Wildwest-Fotos und indianische Kultgeräte wie Federschmuck und Friedenspfeife präsentiert. In der Mitte des Raums steht ein mit Traumfängern geschmückter, aber ansonsten kahler Baumstamm - der ursprüngliche Plan, dort ein lebendes Gewächs zu pflanzen, musste fallengelassen werden: Zu wenig Licht, um einen Baum zu nähren.
1,6 Millionen Euro hat der statisch aufwendige Umbau gekostet. Im ehemaligen Kuhstall sind nun Hofcafe und -laden, Büros, eine Lehrküche und die Begegnungsstätte untergebracht, wo im Obergeschoss künftig Lesungen, Filmvorführungen und Konzerte stattfinden soll. Auch er selbst wolle dort auftreten, sagt der Hausherr. Denn anders als in den Tabaluga-Häusern am Maisinger See und auf Mallorca, wo sich die von der Stiftung betreuten, traumatisierten oder benachteiligten Kinder relativ isoliert erholen sollen, soll Dietlhofen auch immer wieder Besuchern offenstehen: "Es wird hier ziemlich lebendig werden", verspricht Maffay. Das Gut, das seine Stiftung 2015 erworben hat, bietet schließlich auf 70 Hektar Fläche für alles Platz: Bison- und Schafzucht, Ackerbau und Fischteich, therapeutisch begleitete Ferienaufenthalte und Austauschcamps für Kinder und Jugendliche. "Seit einem guten Jahr ist nun das Kinderhaus in Betrieb und wird stark frequentiert", sagt Maffay, und auch der Spielplatz sei inzwischen fertig.
Dort finden die jungen Besucher des Familienfestes ein wahres Eldorado vor: In einer Soccer-Box wird ein "Skill Challenge" veranstaltet, eine fünf Meter hohe Dartscheibe lädt zum Zielwerfen ein, der Kreisjugendring Starnberg hat einen Hindernisparcours zum Rollstuhlfahren aufgebaut. Hüpfburg, Glücksrad, Malaktionen, Bastel- und Märchenerzählstände stehen bereit, das Programm bietet Hofführungen und Kochworkshops. In der Begegnungsscheune findet abwechselnd Kasperltheater und Line Dance statt. Die Rockerfreunde können sich auch über einen zivilen Bierpreis von 2,50 Euro freuen - und schließlich lässt sich sogar die Sonne für die letzte Stunde des Festes sehen.