TTIP:Furcht vor dem Freihandel

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Wollen eine europäische Volksbefragung durchsetzen: Christiane Lüst und Christian Hierneis. (Foto: oh)

Der Verein Zivilcourage gegen Agro-Gentechnik will im Landkreis verstärkt die Bürger zu TTIP informieren

Von Wolfgang Prochaska, Tutzing

Der Protest gegen das Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA ist auf lokaler Ebene eher verhalten. Zwar hat der Starnberger Kreistag eine Resolution gegen dieses Abkommen im vergangenen Herbast verabschiedet, aber mehr ist bislang nicht geschehen. Das soll sich nach Meinung des Bunds Naturschutz und des Vereins "Zivilcourage gegen Agro-Gentechnik für den Landkreis Starnberg" ändern. Der Tutzinger Bürgermeister Rudolf Krug (ÖDP) machte in einem Gespräch mit der Presse am Donnerstag deutlich, wie er die Bürger für dieses Thema sensibilisieren möchte. Zur Runde gehörten auch Christiane Lüst, die im Vorstand des Zivilcourage-Vereins sitzt, Christian Hierneis vom Bund Naturschutz, sowie Rechtsanwalt Franz Sußner, Vizelandrat und Öko-Landwirt Georg Scheitz und Karl Heinz Jobst vom Gautinger Umweltzentrum Öko und Fair.

Es sind gewichtige Argumente, die alle am Tisch gegen das Handelsabkommen ins Feld führen. "Als Kommunalpolitiker und Bürgermeister sorge ich mich um die kommunale Selbstverwaltung, wenn wir etwa beim Trinkwasser befürchten müssen, dass uns ein Großkonzern verklagt, da wir es in kommunaler Hand behalten möchten", sagte Krug. Damit wies er auf einen umstrittenen Punkt in TTIP hin: den Abbau von Handelshemmnissen. Dies könnte, so die Befürchtung, dazu führen, dass die hohen EU-Standards für Waren und Lebensmittel so weit abgesenkt werden, bis sie zu den lockeren Kriterien in den USA passen. "Darauf wird man sich einigen." Für Krug hätte dann die regionale Vermarktung von bäuerlichen Produkten kaum noch Chancen. Ganz zu schweigen vom Verbraucherschutz , der unter die Räder kommen dürfte. Er malte ein sehr düsteres Bild.

Auch Franz Sußner lehnt das Freihandelsabkommen ab, vor allem wegen der Schiedsgerichte. Künftig hätten Firmen und Konzerne die Möglichkeit, Länder vor einem Schiedsgericht zu verklagen, wenn sie der Ansicht sind, dass Handelshemmnisse ihnen Profit-Möglichkeiten entziehen. "Die Schiedsgerichte sind nicht öffentlich, das Verfahren ist nicht kodifiziert und es können keine Rechtsmittel eingelegt werden", kritisierte Sußner. Christiane Lüst und Christian Hierneis sehen zusätzlich eine Flut von genmanipulierten US-Produkten auf den deutschen Verbraucher zukommen. Für Vizelandrat und Biobauer Scheitz ist es deshalb dringend notwendig, die Bürger aufzuklären, um den politischen Druck "von unten nach oben" zu erhöhen: "Die Leute wissen noch zu wenig Bescheid." Das habe er selbst bei mittelständischen Unternehmen festgestellt. Für Lüst wäre eine europäische Volksbefragung zum Abkommen der richtige Weg. Dafür liegen schon 3,3 Millionen Unterschriften vor. "Dafür müssen wir noch mehr Menschen mobilisieren", sagte sie. Das soll durch mehr Info-Stände und durch zusätzliche Vorträge geschehen. Denn wie Hierneis festgestellt hat, der 35 Vorträge zu dem Thema gehalten hat, wachse danach auch das Interesse an TTIP. Und noch eins wünscht man sich: Die Abgeordneten mit TTIP zu konfrontieren.

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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