SZ-Serie: Kioske im Fünfseenland:Chillen auf dem Riesensteg

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Die Pächterfamilie Klaus (Senior), Gitti und Nico Greif im Nordbad Tutzing. (Foto: Otto Fritscher)

Im Nordbad Tutzing lässt es sich gut aushalten: Die Speisekarte der Betreiberfamilie Greif ist reichhaltig, und es gibt auch eine kleine Liegewiese. Selbst im Winter können Besucher hier an schönen Wochenenden den Blick über den See genießen.

Von Otto Fritscher, Tutzing

Klaus und Gitti Greif darf man wohl mit Fug und Recht die dienstältesten Strandbadpächter und Kioskbetreiber in weiterem Umkreis nennen. Seit 34 Jahren sind die beiden Tutzinger dem gleichen Fleck am Seeufer nämlich treu geblieben. Damals, in den achtziger Jahren, war da, wo heute das Tutzinger Nordbad ist, allerdings noch eine Freizeitanlage der Kaufhauskette Hettlage, die bundesweit mehrere dieser Wassersportzentren betrieb.

"Ich war dort Geschäftsführer, und als Hettlage sich nach und nach von den Zentren trennte, bin ich gefragt worden, ob ich die Anlage weiterführen will", erinnert sich Klaus Greif, 65. Er habe nicht lange überlegen müssen und sofort zugegriffen. Seine heutige Ehefrau war damals auch schon auf dem Wasser tätig, als Windsurflehrerin. "Wir haben es keinen Tag bereut, hier am See zu sein", erklärt Greif, und man kann dies bei der prächtigen Lage, dem weiten Blick über den See und dem Alpenpanorama im Hintergrund, gut verstehen.

Eigentlich haben die Greifs andere Berufe gelernt. Klaus Greif hat ein abgeschlossenes Ingenieurstudium, und Gitti Greif wollte eigentlich Lehrerin werden, hat das zweite Staatsexamen absolviert. Beide haben aber nicht in diesen Berufen gearbeitet. Klaus Greif ist ein sehr sportlicher Mann, schon immer und noch immer. "Im Winter habe ich die praktische Leitung bei der Tutzinger Alpina Skischule gemacht, weil ich auch noch staatlich geprüfter Skilehrer bin, und ich musste mich dann entscheiden, ob ich das Wasser oder den Schnee zu meinem Hauptberuf machen will", sagt er. Die Antwort war klar.

Es war 1989, als sich die Greifs entschlossen, kräftig zu investieren, und aus der "Würstlbude", wie Greif lachend sagt, das Nordbad zu formen, so wie man es heute kennt: als einen Ort, an dem man sehr viel, oder auch gar nichts unternehmen kann.

Das Nordbad - ein beliebter Treffpunkt der Tutzinger. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Da gibt es die Liegewiese, die im Vergleich mit anderen Strandbädern klein ausfällt, und den Kiosk, den man eigentlich schon ein komplettes Restaurant nennen muss. Drei, vier Köche sind hier beschäftigt, und wer glaubt, dass Pommes oder Schnitzel die beliebtesten Speisen sind, der sieht sich getäuscht. Die Speisekarte wechselt regelmäßig, es gibt auch viele regionale Gerichte, etwa Fisch aus dem Starnberger See. "Das Nordbad ist wohl eines der bekanntesten Lokale am See", sagt Klaus Greif. Die Autokennzeichen auf dem Parkplatz geben ihm recht.

"Halb München" sei manchmal zu Gast, sagt er und lacht. Aber auch die Tutzinger schauen gerne vorbei, und mehr oder weniger regelmäßig kommen auch Prominente wie Peter Maffay oder Leslie Mandoki. "Wir behandeln aber alle Gäste gleich", sagt Gitti Greif,63. Nicht nur die Lage des Nordbads darf man durchaus als einzigartig bezeichnen, auch die Terrasse aus Holzbohlen, die über dem Wasser Sitzplätze und freie Sicht bietet. Ein Windschutz und Heizstrahler ermöglichen auch an kühleren Abenden ein gemütliches Plauschen, Essen und Trinken. "So eine Terrasse am See hat sonst niemand", sagt Klaus Greif. Nachmittags und abends kommen viele Gäste mit der eigenen Motoryacht, machen diese am Steg fest, nehmen einen Aperitiv und fahren dann bei Sonnenuntergang von dannen.

Natürlich lässt es sich im Nordbad - das wie das Südbad der Gemeinde Tutzing gehört - nicht nur gut chillen. Auch sportliche Aktivitäten sind im Angebot, darum kümmert sich vor allem Sohn Nico Greif, 32. 2009 hat er den seinen Angaben nach ersten Stehpaddel-Verleih am Starnberger See eröffnet, außerdem gibt es den Verleih von Hobie-Cats, Segel-Katamaranen, und auch zwei größere Schiffe für Events gehören zur hauseigenen Flotte. Wer will, kann Stehpaddel-Kurse oder Segelkurse belegen, denn alle Greifs sind Segel- oder Windsurfing-Lehrer.

DasNordbad bietet ein großes Angebot - vom Sport bis hin zu Kulinarischem. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Eine große Angebotspalette", sagt Klaus Greif. Die natürlich auch großen Einsatz und viel Arbeit mit sich bringt. "Wir sind ein regelrechter mittelständischer Betrieb", sagt Gitti Greif, die für die Personalplanung zuständig ist. Mehr als 30 Mitarbeiter hat das Nordbad in der Hochsaison. "Wir haben vor jeder Saison zu wenige, aber dann wird es doch ein tolles Team", sagt sie. Viele Servicekräfte kommen aus Tutzing, gehören seit Jahren zum Stammpersonal. Die gute Stimmung überträgt sich oft auch auf die Gäste. Nur manchmal werden einige ungeduldig, wenn sie aufs Essen warten. "Eine Stunde sitzen wir hier schon, beschweren sie sich manchmal", sagt Nico Greif, der auch in der Küche oder im Service aushilft, wenn es brennt. Und dann? "Wir zeigen ihnen den Bonierzettel, und meist ist höchstens eine Viertelstunde vergangen."

Und wie ist das mit den Preisen? "Die Einheimischen sagen, wir wären teuer, die Münchner finden uns dagegen sehr günstig", sagt Klaus Greif. Gefallen habe es bisher aber fast jedem. Bleibt noch die Frage: Was hat ein Laufstall im Nordbad zu suchen? "Der steht im Personalbereich, auch unsere Schwiegertochter arbeitet mit und deren Kind ist erst neun Monate alt", erklärt Nico Greif. Für die Zukunft haben die Nordbad-Betreiber also vorgesorgt .

Und was machen Strandbad- und Kioskbetreiber eigentlich im Winter? "Nein, wir fahren nicht weit weg", sagt Nico Greif. Einen Monat mindestens dauere die Nachbereitung der vergangenen Saison, und dann zum Jahreswechsel, beginne schon wieder die Vorbereitung auf die neue Saison. Wobei Nico Greif auch im Winter nicht vom Nordbad lassen kann. Wir sind das einzige Strandbad, das auch im Winter geöffnet hat, sagt er und lacht. Allerdings nur an schönen Wochenenden, dann gibt es Bohle, Ingwer-Tee und Decken auf den Stühlen. Ob sich das rentiert? Über Facebook, Instagram und einen Newsletter mit einem Verteiler an mehr als 1000 Interessenten sei das kein Problem, sagt Nico Greif.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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