SZ-Adventskalender:Zuflucht im Mutter-Kind-Haus

Lesezeit: 2 min

Alleinerziehende Frauen geraten schnell in finanzielle Not. Dann hilft unter anderem die Ökumenische Hilfe in Gilching

Von Carolin Fries, Gilching

Susanne Tietjens tut das in der Seele weh. Die Sozialpädagogin betreut alleinerziehende Mütter in der Beratungsstelle der ökumenischen Hilfe in Gilching und leitet seit 21 Jahren das angegliederte Mutter-Kind-Haus. Dabei trifft sie auf zahlreiche Kinder, "aufgeweckte, wissbegierige kleine Wesen", wie sie mit leuchtenden Augen erzählt. Doch meist haben die Eltern in ihrer akut schwierigen Situation für deren individuellen Belange weder Geld noch Energie. Mitunter fehlt auch schlicht das Interesse, weshalb Tietjens dann mit den Kindern einen Bastelkurs besucht oder eine kulturelle Veranstaltung. "Es macht so viel Sinn, diese Kinder zu fördern", sagt sie.

Da sind zum Beispiel Geschwister im Alter von zehn und zwölf Jahre alt. Die zwei würden sich gerne in der Germeringer Stadthalle die Aufführung von "Schneewittchen on Ice" ansehen, ein Märchen auf glitzernden Kufen, wie es in der Ankündigung heißt. Ihre alleinerziehende Mutter aber hat dafür kein Geld übrig und obendrein wenig Verständnis. Den Wunsch der Kinder nach einem märchenhaften Nachmittag in der Vorweihnachtszeit erfüllt deshalb der SZ-Adventskalender. Susanne Tietjens wird die Kinder begleiten.

Die Sozialpädagogin erlebt immer wieder, wie schnell ein scheinbar starker Familienbund auseinanderfällt. "Bei einer Trennung gerät das Leben kurzzeitig aus den Fugen", sagt sie, nicht nur emotional, auch finanziell müssen die Dinge neu geordnet werden. Oft stelle sich für Frauen in dieser Situation die Frage: wohin? Sechs Wohnungen hält das Mutter-Kind-Haus in Gilching bereit, für maximal zwei Jahre können die Frauen hier mit ihren Kindern unterkommen. Tietjens stellt eine Bedingung: Die Bereitschaft der Frau, die Situation zu ändern. Seit Bestehen der Einrichtung haben in den Gilchinger Sozialwohnungen 76 Frauen mit 95 Kindern einen Platz gefunden. Viele sind durch die Trennung von ihrem Partner in finanzielle Schieflagen geraten oder aber sind aus einer extrem belastenden Beziehung ausgebrochen. Der Einzug sei dann "die letzte Rettung", sagt Tietjens. Die jüngste Mutter war 17 Jahre alt, die älteste 47, die Kinder sind durchschnittlich dreieinhalb Jahre alt. Was der Einrichtungsleiterin die größten Sorgen macht: Viele Frauen können das Haus nicht wie vorgesehen nach zwei Jahren verlassen, weil sie keine bezahlbare Wohnung finden. Dadurch werden keine Plätze frei und Tietjens muss regelmäßig Anfragen ablehnen.

"Nur, weil jemand alleinerziehend ist, ist er kein Sozialfall", betont Sophie Wiedersperg, Gleichstellungsbeauftragte im Starnberger Landratsamt. Doch die Rahmenbedingungen änderten sich und "Frauen fallen durchs Raster". Die Sozialpädagogin berät zwischen 50 und 70 Alleinerziehende im Jahr, die in schwierigen Lebenssituationen stecken. Immer wieder geht es dabei um den beruflichen Wiedereinstig, der in vielen Fällen nicht möglich ist, weil Kitas zu Beginn der Frühschicht oder spät abends nicht geöffnet haben. Das Sozialamt arbeitet deshalb an einem neuen Betreuungskonzept, das in den Randzeiten greift.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: