SZ-Adventskalender:Weihnachten ohne Angst

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Musikkabarettist André Hartmann im Gautinger Bosco beim Benefizkonzert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Anna Miller und ihre drei Kinder können aufatmen, seit ihr gewalttätiger Mann und Vater weg ist. Im Suff hatte er seine Familie verprügelt und tyrannisiert. Jetzt entwickeln sie langsam Pläne für die Zukunft - allein das Geld fehlt. Um neue Kleider kaufen zu können, hoffen die vier auf den SZ-Adventskalender

Von Blanche Mamer, Starnberg

Die beiden Großen liegen krank im Bett. Ein grippaler Infekt, sagt ihre Mutter, denn für eine Erkältung sind Husten, Kopfweh und Fieber zu heftig und dauern schon zu lang. Beruhigend ist aber, dass sie sich mit dem Gesundwerden Zeit lassen können, denn jetzt sind ja Ferien. Für Anna Miller (Name von der Redaktion geändert) wird es ein friedliches Weihnachten. Ohne ihren aggressiven Mann, von dem sie die Scheidung beantragt hat und der vor kurzem in seine alte Heimat Polen zurückgegangen ist.

Auf reiche Geschenke dürfen Anna Millers drei Kinder (4, 12 und 16 Jahre) an Weihnachten zwar nicht hoffen, aber dafür wird es wohl viel entspannter als sonst. Denn erstmals müssen sie keine Angst vor den Ausbrüchen ihres Vaters haben. Er war immer wieder gewalttätig, vor allem wenn er zu viel getrunken hat, erzählt die 33-jährige Mutter. 2009 sei er sogar drei Monate im Gefängnis gewesen, er war betrunken Auto gefahren und hatte einen Unfall gebaut. "Ich wollte damals die Scheidung. Doch als er aus der Haft entlassen wurde, dachte ich, er habe sich gebessert, deshalb habe ich ihn wieder bei uns wohnen lassen. Ich habe mich geirrt. Es wurde immer schlimmer mit ihm und ich wurde dann auch noch schwanger", sagt sie und schüttelt den Kopf über die eigene Unvernunft.

Ihr Mann sei immer schon ein Egoist gewesen, er habe aber auch unter Depressionen gelitten, sagt Miller. Er hätte auf keinen Fall trinken dürfen, denn das Medikament, das der Arzt ihm verordnet hatte, habe in Verbindung mit Alkohol den Kontrollverlust verstärkt und ihn ausrasten lassen. Zuletzt war er in der Psychiatrie, weil er unter Aufsicht auf neue Tabletten eingestellt werden sollte. "Ich musste so oft allein mit den Kindern klar kommen und dann war immer die Angst da, dass er mich wieder schlägt, da habe ich gedacht, dass ich mich scheiden lassen muss", sagt sie. Diese Furcht ist nun hoffentlich passé, das Trennungsjahr wird bald vorbei sein. Ihre Zuversicht wächst und ihre Pläne für die Zukunft werden langsam konkret: Als ausgebildete Verkäuferin, hatte sie bis zur Geburt der Tochter in einem Bekleidungsgeschäft gearbeitet. Dann hatte sie eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin begonnen, doch nach kurzer Zeit aufgegeben. "Das war mir zu schwer, ich habe das nicht geschafft." Auch eine Ausbildung zur Physiotherapeutin - ihr Traumberuf - wird ihr zu schwierig sein, so dass sie wohl wieder einen Job als Verkäuferin suchen muss. Seit der Trennung bezieht sie Hartz IV, doch damit muss bald Schluss sein, das hat sie sich fest vorgenommen.

Ihre beiden Söhne besuchen die Mittelschule, der Große ist in der M 10 und strebt eine Ausbildung zum Mechatroniker an. Er braucht ein neues Fahrrad, damit er leichter zur Schule kommt und später zu seiner Lehrstelle. Sein altes ist kaputt und nicht mehr zu reparieren. Der zwölfjährige Leo würde ebenfalls gern zur Schule radeln, sein Kinderrad ist zu klein. "Ich kann ihnen keine neuen Räder kaufen. Das Geld reicht auch nicht für neue Kleider und Schuhe, ihre Anziehsachen sind eng und verwaschen. Die Kinder wachsen so schnell. Die Eva bräuchte auch mal einen schönen Anorak." Hier könnte der SZ-Adventskalender einspringen.

Für sich selbst wünscht sich die 33-Jährige nur Gesundheit - und dass keines ihrer Kinder die Veranlagung des Vaters geerbt hat.

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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