SZ-Adventskalender:Trotz Krankheit das Leben meistern

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Seit Laura Schmöller an einer Autoimmunkrankheit leidet, ist ihr Leben aus den Fugen geraten

Von Ute Pröttel, Starnberg

Finanziell war ihr Leben schon immer auf Kante genäht. Doch bis Laura Schmöller von ihrer unheilbaren Krankheit erfuhr hat sie sich davon nicht unterkriegen lassen. Ein Auto hat sie nie besessen, sah darin auch keine Notwendigkeit. Sie hatte aber ein gemütliches Häuschen, in dem sie mit ihren beiden Töchtern wohnte und in dem auch noch Platz für ein Pflegekind war. "Ich wollte immer ein Haus mit vielen Kindern", erzählt die Mittfünfzigerin. Sie arbeitete als Kinderkrankenschwester und zog ihre beiden Töchter alleine groß. Dann nahm sie kurz hintereinander drei Pflegekinder auf. Alle drei waren Jungs mit starken psychischen Störungen. Ihre Pflege ging ihr an die Substanz. Laura Schmöller wurde häufiger krank. Rappelte sich immer wieder auf. Zweimal musste sie ins Krankenhaus, wurde durchgecheckt. Dann die Schockdiagnose: Sie leidet an einer unheilbaren Autoimmunkrankheit. Die starken Medikamente hauen sie um. Beinahe fünf Jahre dauert es bis sie medikamentös richtig eingestellt ist.

Einen Tag nach der schrecklichen Diagnose stirbt ihr Vater. Die Mutter war Jahre zuvor an Krebs gestorben. Schmöller verliert ihren Job und ist anfangs zu schwach aus dem viel zu teuren Haus auszuziehen. Vielleicht war da auch immer noch die Hoffnung, das Ruder wieder herumreißen zu können. Die Töchter geben ihr Halt. Sie machen ihre Schulabschlüsse. Darauf ist sie stolz.

Schmöller bezieht mittlerweile eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und Hartz IV. Das Geld, das ihre ältere Tochter verdient, wird darauf angerechnet. Eine schwierige Situation.

Wenn sie davon spricht wird ihre Stimme sehr leise und ihr Blick schwer. Dabei kann sie auch richtig strahlen, zum Beispiel wenn sie erzählt, wie gerne sie hinaus in die Natur geht und wie glücklich sie in ihrer neuen Wohngemeinschaft ist, die für sie weniger finanzielle Belastung und viel kürzere Wege bedeutet. Mit dem Rad erkundet sie die Umgebung, sie kommt aber aufgrund der vielen Steigungen schnell an ihre Grenzen.

Sie lebt bescheiden. Die Matratze liegt ohne Lattenrost auf dem Boden. Über das alte Sofa ist ein heller Überwurf gebreitet. Die Heizung funktioniert nur mäßig. In Küche und Bad ist es kalt, ein kleiner Holzofen heizt das Wohnzimmer, das auch gleichzeitig ihr Schlafzimmer ist. Große Geschenke zu Weihnachten gibt es schon seit einigen Jahren nicht mehr. Die Töchter verstünden das, sagt sie. Heilig Abend verbringen sie dennoch immer zusammen. Sie kochen und freuen sich wenigstens gemeinsam feiern zu können, auch wenn die unbeschwerte Fröhlichkeit von früher nur noch selten einkehrt. Zu groß sind die Zukunftsängste und Sorgen.

Der Winter steht schließlich vor der Tür und Schmöller hat kaum etwas Warmes anzuziehen. Sie bräuchte eine warme Hose und eine Jacke, mit der sie sich auch in der kalten Jahreszeit länger draußen aufhalten kann, ohne gleich zu frieren und Angst haben zu müssen, krank zu werden. Winterstiefel, in die ihre orthopädischen Einlagen passen, die sie seit einer Fußverletzung tragen muss, fehlen ebenfalls. Denn in gebrauchte Schuhe oder auch die günstigen, die sie in den vergangenen Jahren angeschafft hat, passen die Einlagen nicht hinein. Wenn sie zu Weihnachten einen Wunsch offen hätte, würde sie sich ein E-Bike erträumen. Das würde ihre Lebensqualität erheblich verbessern. Sie könnte ihre Besorgungen erheblich leichter erledigen. Schon bei dem Gedanken daran reagiert sie mit einem hellen Strahlen. Aber sie ist bescheiden: "Ein paar Winterstiefel, in denen ich gut laufen kann, ohne gleich kalte Füße zu bekommen, das wäre schon großartig", sagt sie.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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