SZ-Adventskalender:Lernen, lernen, lernen

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Zwei afghanische Geschwister haben große Pläne und wollen studieren

Von Patrizia Steipe, Weßling

Bildung ist in der Familie von Najiba M. (alle Namen von der Redaktion geändert) immer schon wichtig gewesen. In Afghanistan war die 48-jährige zierliche Frau als Kind selbst jahrelang zur Schule gegangen. Auch für ihre beiden Kinder wünscht sie sich eine gute Schulbildung. Gemeinsam mit ihrem Mann, einem Herrenschneider, lebte die Familie vor ihrer Flucht in Iran, doch die Situation von Afghanen wurde immer schwieriger und gipfelte darin, dass alle Schulen für Afghanen geschlossen wurden. Ein Zurück in das vom Krieg gebeutelte Afghanistan war unmöglich. Die Familie floh und kam vor zwei Jahren in München an. Dort wurden Millad und Roya, die mittlerweile 20 und 18 Jahre alt sind, eingeschult und machten schnell große Fortschritte.

Die Familie hoffte auf einen Neuanfang, doch es folgte ein herber Schicksalsschlag. Der Vater wurde schwer krank und starb vor einem Jahr im Krankenhaus. Najiba M. kämpft mit den Tränen, als sie davon erzählt, doch für ihre Kinder will sie stark sein. Seit einem Jahr lebt die Familie nun in einer Gemeinschaftsunterkunft im Raum Starnberg. Die drei teilen sich ein enges Zimmer. Najiba versucht alles, damit die Kinder ein ruhiges Lernumfeld haben, denn die beiden möchten unbedingt im Leben weiter kommen. Doch es ist nicht einfach, denn die Familie muss nicht nur den Tod des Vaters verarbeiten, sondern lebt in großer Sorge, da sie noch keine Anerkennung hat. Der Name "Roya" bedeutet "schöner Traum" oder "Vision" und eine solche hat die Tochter. Sie möchte Rechtsanwältin werden, um später afghanischen Frauen zu ihren Rechten zu verhelfen. Sohn Millad weiß ebenfalls, was er einmal werden will. Der junge Mann möchte Medizin studieren. Anschließend ist sein Traum im globalen Süden oder in Afghanistan die Bevölkerung über Gesundheitsthemen aufzuklären und in einer Krankenstation zu arbeiten. Beide wissen, dass sich ihr Traum nur mit Fleiß und sehr guten Noten erfüllen wird. Dafür tun sie alles, was geht. Die Tochter besucht die zehnte Klasse einer Realschule und bereitet sich auf den Abschluss vor. Danach plant sie auf einer Fachoberschule (FOS) das Abitur zu machen. Millad versucht über den zweiten Bildungsweg an einer Erwachsenen-Bildungsstätte das Abitur zu machen. Dort können Erwachsene innerhalb von drei oder vier Jahren ihre allgemeine Hochschulreife erwerben.

(Foto: SZ)

Auch wenn Millad bereits mit dem C1-Zertifikat in Deutsch ein hohes Sprachniveau hat, fällt ihm das Fach Deutsch schwer. Sogar seine deutschen Schulfreunde würden über die Anforderungen stöhnen, berichtet die Mutter. Aber Millad beißt sich durch. Nach der Schule übt er zusätzlich in einem Online-Kurs deutsch, daneben muss er auch noch Englisch und Französisch lernen. Vor kurzem hat Najiba vom Landratsamt Starnberg die Nachricht erhalten, dass nur die Fahrkarte für den Schulweg der Tochter gezahlt wird. Wie sie die 365 Euro für das Jahresticket für Millad aufbringen soll, das weiß sie nicht. Er könnte zwar ein sogenanntes Sozialticket bekommen, das ab neun Uhr gilt, aber die Schule fängt früher an. Hier möchte der SZ-Adventskalender helfen.

Najiba lernt ebenfalls deutsch. Die Kinder unterstützen sie dabei sehr. Sie möchte nach dem Sprachkurs so bald wie möglich arbeiten, um die Schulbildung ihrer Kinder finanzieren zu können. Das Schreiben fällt ihr nicht schwer, aber sie hat wenig Möglichkeiten aktiv deutsch zu sprechen. Deswegen geht sie einmal in der Woche zum Frauentreff in das Café Blabla nach Herrsching. Hier hat sie die Möglichkeit, Sprechen zu üben, über Sorgen zu reden, aber auch unbeschwerte Momente zu erleben. Während des Gesprächs bekommt eine Helferin eine Nachricht, die sie sofort an Najiba weitergibt. Für den Sohn ist eine Nachhilfe in Französisch gefunden. Die stets ein wenig ernst wirkende Mutter fängt zu strahlen an.

Beide Kinder lernen sehr diszipliniert und zielstrebig. Um ihr Ziel zu erreichen, brauchen sie zusätzliche Lern- und Arbeitsbücher. Dafür reicht das Familienbudget nicht aus. Mit Spenden des SZ-Adventskalenders könnte den Geschwistern geholfen werden.

© SZ vom 16.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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