SZ-Adventskalender:Ein bisschen Mobilität wäre das größte Geschenk

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Der gesundheitlich angeschlagene Xaver Götz hofft auf eine IsarCard, damit er auch mal wieder in die Berge fahren kann

Von Ute Pröttel, Starnberg

Bis Weihnachten will er frei von Husten sein: Xaver Götz hat schon viele Male versucht mit dem Rauchen aufzuhören. Eine Woche ohne Zigarette hat er bereits hinter sich. "Diesmal schaffe ich es", sagt der 63-Jährige. Warum ausgerechnet dieses Mal? "Weil ich bei den letzten Hustenanfällen beinahe erstickt wäre. Dieses Mal muss ich es schaffen."

Das Leben hat tiefe Spuren in sein Gesicht gezeichnet. Bei einer Körpergröße von 1,70 Metern wiegt er gerade noch 50 Kilogramm. Ob seine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) daran schuld ist, vermag er nicht zu sagen. "Vielleicht nehme ich ja jetzt wieder ein wenig zu, wenn ich aufhöre zu rauchen", meint Götz und spielt auf das Los so vieler Raucher an, die sich nach der letzten Zigarette nicht selten mit zehn Kilo mehr herumschlagen müssen. "Ich will endlich nicht mehr von diesem Dreckszeug abhängig sein", motiviert sich Götz förmlich selber.

Es wäre nicht die erste Sucht, die Götz überwindet. Nachdem er vor vielen Jahren den Schritt in die Selbständigkeit in der Textilbranche nicht geschafft hat, bricht seine gesamte Existenz zusammen. Götz wird obdachlos und ertränkt seinen Frust im Alkohol. Ein paar Mal überquert er zu Fuß die Alpen. In der kalten Jahreszeit kommt er in Obdachlosenheimen unter. Als dort in einer besonders eisigen Nacht ein Zimmergenosse stirbt, wird ihm klar, dass er so nicht weiterleben kann. Er sucht sich Hilfe und findet ein Zimmer zur Untermiete. Dort lebt er nun bereits seit mehr als zehn Jahren.

Ein Glücksfall. Auch sein Alkoholproblem habe er im Griff, erzählt er. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er dank einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Doch viele der Medikamente, die er aufgrund seiner chronischen Lungenerkrankung benötigt, werden von der Krankenkasse nicht übernommen und so verdient er sich seit drei Jahren mit einer leichten Hausmeistertätigkeit noch etwas dazu. Sechs Tage die Woche pendelt er vom Landkreis Starnberg in den Landkreis Fürstenfeldbruck, um dort zu arbeiten. "Mehr als drei Stunden Arbeit pro Tag schaffe ich nicht mehr, aber die täglich Fahrt dorthin und das Gefühl gebraucht zu werden, tun mir gut", sagt Götz. Mobil sein zu können, sei für ihn das größte Geschenk, fährt er fort. Mit einer IsarCard könne er sich frei bewegen, vielleicht auch mal nach Tutzing fahren oder in den Wildpark nach Poing. Am günstigsten gibt es das Ticket bei jährlicher Zahlung. Doch die 633 Euro für das Jahresabo der IsarCard60 übersteigen schlicht seine finanziellen Mittel.

Xaver Götz hat seine Situation akzeptiert und gibt sich mit dem zufrieden, was ihm heute zur Verfügung steht. Von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlt er sich nicht, aber große Erwartungen an die Zukunft hat er auch nicht mehr. Wenn er gefragt wird, was ihn glücklich macht, so kommen ihm "Sonne, Wärme und Berge" in den Sinn. Hinauflaufen schaffe er zwar nicht mehr. Aber ein paar Tage in den Bergen zur Ruhe kommen und noch Mal von einem Gipfel ins Tal gucken - das würde ihn glücklich machen.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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