SZ-Adventskalender:Wenn das Geld nur für das Nötigste reicht

Lesezeit: 2 min

Hörgeräte können schnell teuer werden. (Foto: Robert Haas/lok)

Elisabeth K. ist ständig schwindelig, weshalb sie spezielle Hörgeräte benötigt. Doch die kann sich die Rentnerin nicht leisten.

Von Carolin Fries, Starnberg

Elisabeth K. (Name von der Redaktion geändert) hat immer gedacht, es würde schon reichen. Die 76-Jährige meint ihre Rente, "ich hatte schließlich immer eingezahlt". Doch was sie nicht bedachte: Als selbständige Unternehmerin bekam sie keinen Arbeitgeberanteil. Die Antiquitätenhändlerin hätte deutlich mehr zurücklegen müssen. Ob sie das heute bereut? "Wissen Sie, darüber denke ich gar nicht nach", sagt sie, "es ist, wie es ist." Jeden Morgen misst sie ihren Blutdruck und notiert die Werte in ihr Notizbuch. Dann nimmt sie vier Tabletten, die sie mit kleinen Schlucken nacheinander hinunterspült. "Für das Blut und für das Herz." Sie ist nicht mehr gut zu Fuß, die linke Hüfte musste bereits operiert werden. "Das Alter", sagt sie, "das ist was für Mutige".

Umso schöner waren Kindheit und Jugend von Elisabeth K. Die Eltern waren aus Chemnitz in den Westen geflüchtet, mit acht Jahren kam sie zusammen mit ihren Großeltern nach. Die Familie lebte in Frankfurt, "wir hatten alles, was wir brauchten". Elisabeth K. begann nach der Schule eine Lehre zur Industriekauffrau. Doch mit 17 wurde sie schwanger und brach ab. "Ich habe immer von einer großen Familie mit vielen Kindern geträumt", sagt sie. Also heiratete sie, bekam einen zweiten Sohn - und eröffnete ein Geschäft für Antiquitäten. Alles war perfekt, "doch wir waren noch so jung". Nach acht Jahren trennte sie sich von ihrem Mann, die Kinder zog sie fortan alleine auf. Wenn das Geld knapp wurde, half die Mutter der Tochter aus.

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Über Bekannte landete die alleinerziehende Mutter 1980 im Landkreis Starnberg - von diesem Fleckchen hatte sie schon länger geträumt. Auch hier eröffnete sie einen Laden, die Buben machten Ausbildungen zum Schreiner und Bäcker. Elisabeth K. erzählt, wie sie gerne Gäste einlud, kochte und backte. Und dass sie immer auch für die dagewesen sei, denen es mal nicht gut ging. Wenn Geld da war, dann habe sie es auch ausgegeben. Als ihre Mutter vor zehn Jahren starb, war plötzlich kein Geld mehr vorhanden, auch kein großes Erbe. Elisabeth K. beantragte Grundsicherung, knapp 400 Euro bleiben ihr abzüglich Miete und Strom zum Leben. Damit kommt sie zwar zurecht, auch die teuren Medikamente könne sie bezahlen. Doch mehr ist eben nicht drin.

Einer ihrer Söhne ist bereits gestorben, der andere krank.

Elisabeth K. hat Pflegegrad 1, vor eineinhalb Jahren hatte sie einen Hörsturz. Seither ist sie schwerhörig und hat starken Schwindel. Deshalb kann sie die Geräte nicht tragen, die die Krankenkasse bezahlt. Doch ohne Hörgeräte, so ihre Betreuerin, sei es Elisabeth K. kaum möglich, weiterhin alleine zu leben und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Viel unternimmt die Rentnerin ohnehin nicht. Am liebsten bleibt Elisabeth K. in ihrer bescheidenen Wohnung, telefoniert mit Freundinnen und schreibt Gedichte und Geschichten. Der Adventskalender für Gute Werke hat die Kosten für die Hörgeräte übernommen. Die Söhne können ihrer Mutter finanziell nicht unter die Arme greifen. Der älteste Sohn ist im vergangenen Jahr an Krebs gestorben, der jüngere ist psychisch erkrankt.

Elisabeth K. räumt ihr Frühstück in die Küche. Dabei bewegt sie sich langsam und bedächtig, auch für die Schritte in der Wohnung benutzt sie einen Stock. Für längere Strecken hat sie einen Rollator. Sie wird später noch in ihren kleinen Garten gehen, die Vögel füttern und beobachten und nach dem Igel sehen, der am Vortag da war. Die Rose an der Hauswand hat den herbstlichen Temperaturen zum Trotz noch eine Blüte angesetzt, zwei letzte Sonnenblumen halten sich wacker. "Trotz allem", sagt Elisabeth K., "das Leben ist schön".

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