Arbeitsplätze:Webasto reißt ab und baut auf

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Ein Bagger zerlegt Betondecken. (Foto: Georgine Treybal)

Der Autozulieferer setzt die Modernisierung seiner Firmenzentrale in Stockdorf fort und investiert abermals 40 Millionen Euro in zwei architektonisch markante Neubauten.

Von Michael Berzl, Gauting

Wie eine riesige Spinne hängt das Geflecht blecherner Lüftungsschächte im zweiten Obergeschoss an der Decke, an den Resten eines pyramidenförmigen Pavillons auf dem Dach baumeln sinnlos noch drei Lampen, Eisenarmierungen ragen aus den Betondecken heraus: Es ist ein skurriler Anblick, der sich derzeit mitten in Stockdorf bietet, seit sich auf dem Webasto-Firmengelände ein Abrissbagger Stück für Stück durch eines der Gebäude frisst. Die fünfstöckige Ruine ist mittlerweile zu einem beliebten Fotomotiv geworden. Für Nachbarn bringt der Abbruch aber auch Belästigungen durch den Staub mit sich. Die Arbeiten dauern schon Wochen an und kommen nur langsam voran.

Für den international tätigen Autozulieferer Webasto ist es der zweite Teil einer groß angelegten Modernisierung der Firmenzentrale auf einem gut drei Hektar großen Gelände zwischen Ortsdurchfahrt und Würm. Im Mai vergangenen Jahres war mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft die Einweihung des ersten Abschnitts gefeiert worden. Darin sind die Büros der Hauptverwaltung untergebracht, außerdem Testräume wie zum Beispiel Kältekammern, in denen Schiebedächer niedrigen Temperaturen ausgesetzt werden. Die Kosten für den ersten dreigeschossigen Komplex mit einer zweigeschossigen Tiefgarage für 220 Autos lagen bei 40 Millionen Euro; diese Größenordnung sei auch jetzt wieder zu veranschlagen, hieß es.

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Der Automobilzulieferer weiht den Standort mit viel Prominenz ein. Hier werden künftig etwa Autodächer geprüft, bevor sie in Serie gehen.

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Nun entsteht spiegelbildlich das Pendant zum ersten Abschnitt. Markantestes Merkmal des Neubaus nach den Plänen des Gräfelfinger Architekten Achim Hoffmann ist ein weit auskragendes Flugdach. Extra wegen dieses Elements mussten sogar Vorgaben im Bebauungsplan angepasst werden. Die Webasto-Pläne beschäftigten auch immer wieder die Gautinger Kommunalpolitik. Zuletzt standen sie am Dienstagabend auf der Tagesordnung des Bauausschusses.

Bei den Abrissarbeiten haben es die Arbeiter offenbar auch immer wieder mit problematischen Stoffen zu tun. So stehen im Hof derzeit mehrere weiße Säcke mit dem Warnhinweis: "KMF-haltige Akustikplatten. Vorsicht". Laut einem Informationsblatt des Bayerischen Landesamts für Umwelt handelt es sich dabei um künstliche Mineralfasern, die umgangssprachlich als Glaswolle, Steinwolle, Mineralwolle, Kamilit oder Kamelit bezeichnet werden. Diese KMF setzen lungengängige Fasern frei; bei Platten, die bis etwa 2000 hergestellt wurden, stehen die Fasern demnach im Verdacht, krebserzeugend zu sein. Zur Frage nach solchen Altlasten antwortete eine Unternehmenssprecherin, man arbeite "mit staatlich geprüften Gutachtern und kompetenten, zertifizierten Baupartnern zusammen". Bei der Demontage einer Fassade wurde der Bereich vorübergehend mit großen Plastikplanen abgedeckt. Um die Staubentwicklung etwas einzudämmen, kommt zeitweise ein Wassersprüher zum Einsatz, der vom Aussehen her an eine kleine Schneekanone erinnert.

Der vollständige Abriss aller dafür vorgesehenen Altgebäude erfolgt nach einer Mitteilung von Webasto sukzessive und wird voraussichtlich bis Dezember abgeschlossen sein. Insgesamt werden vier Gebäude abgebrochen, um Platz für zwei größere zu schaffen. Das Unternehmen plant auch für Dezember noch den Start der Neubauarbeiten. Das hänge aber auch von den Witterungsverhältnissen ab, teilte eine Firmensprecherin mit. Bis 2022 soll der Komplex mit neuen Arbeitsplätzen und mehreren Tiefgarengeschossen entstehen, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens. Damit würde auch die Parkplatzsituation "deutlich entlastet".

Büros ziehen in Container um. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

An der Fleckhamer Straße in der Nähe wird gerade ein Ausweichquartier fertiggestellt. Mitarbeiter einer Schweizer Firma haben am Dienstag damit begonnen, mit einem Schwerlastkran weitere Bürocontainer zu montieren, sodass dort eine dritte Ebene entsteht. Das "Schnellbauhaus" auf dem Mitarbeiterparkplatz sei für maximal 250 Arbeitsplätze ausgelegt, teilte eine Webasto-Sprecherin mit. Die Übergangsbüros in den Containern sind voraussichtlich Mitte Oktober bezugsfertig.

Webasto entwickelt und produziert Schiebe-, Panorama- und Cabrio-Dächer, Standheizungen und seit zwei Jahren Batteriesysteme und Ladelösungen für E-Mobile. Die Gruppe ist weltweit an mehr als 50 Standorten vertreten, beschäftigt etwa 13 000 Mitarbeiter und erzielte 2018 einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro.

© SZ vom 21.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Der Stockdorfer Autozulieferer investiert weitere 40 Millionen Euro in den Ausbau seines Firmensitzes und bedient sich dabei bereits realisierter Pläne.

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