Förderverein Asia:"Die Basis für mein persönliches Glück ist das Helfen"

Lesezeit: 4 min

Der Arzt Wolfgang Schweiger aus Gauting engagiert sich seit vielen Jahren in Hilfsprojekten in Tibet. Hier bei der Untersuchung einer Frau im Jahr 2011. (Foto: Asia Deutschland)

Der Arzt Wolfgang Schweiger engagiert sich seit vielen Jahren in Projekten in der Himalaya-Region und leitet die Palliativstation im Starnberger Krankenhaus. Die Gedanken des Buddhismus dienen ihm dabei als moralischer Kompass.

Von Dario Weber, Gauting

"Große Freude entsteht aus dem Helfen. Die Basis für mein persönliches Glück ist das Helfen". Das ist das Mantra, nach dem Wolfgang Schweiger aus Stockdorf sein Leben führt. Menschen helfen, verarzten, retten. Tagsüber als Oberarzt im Klinikum in Starnberg. Und wenn die Kinder dann im Bett sind, dann geht es an die Arbeit für seinen Förderverein Asia.

Schweiger, 55, schlanke Statur, begrüßt seinen Gesprächspartner mit einem etwas zurückhaltenden, aber herzlichen Lächeln. Zehn Minuten vor dem vereinbarten Termin sitzt er auf einem gemütlichen Eckplatz in einem Café in Starnberg. Er ist wie beim ersten Treffen überpünktlich. Wie denn so sein Tag gewesen sei? Er hätte viel zu tun als Leitender Arzt im Klinikum Starnberg, wo er die Palliativstation betreut. Früher sei er auch viel mit dem Helikopter in den Bergen unterwegs gewesen, um dort medizinische Hilfe zu leisten. Und das war bei Weitem nicht der einzige interessante Ort, an dem Schweiger als Arzt tätig war.

"Ein gutes Karma haben": Wolfgang Schweiger fühlt sich dem Buddhismus verbunden. (Foto: Georgine Treybal)

Er ist Gründer des Fördervereins Asia Deutschland, und Vorstand in der gleichnamigen NGO mit Sitz in Rom. In weiten Teilen Asiens ist das Hilfswerk aktiv, besonders aber in den Bergregionen von Nepal und Bhutan. Dort unterstützt es den Bau von Schulen und wichtiger Infrastruktur und will so dazu beitragen, Kindern in den Himalaya-Regionen eine bessere Bildung zu ermöglichen. Der Verein leistet auch Hilfe in Länder in Krisensituationen sowie zuletzt beim Erdbeben in Yushu in Tibet.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Schweiger ist und war in zahlreichen Projekten selbst involviert, sowohl administrativ als auch aktiv. Mit ruhiger, kontrollierter Stimme erklärt er, wie humanitäre Arbeit ausschauen sollte: "Hilfe zur Selbsthilfe ist das wichtigste", meint er. Deswegen seien für ihn Kinderpatenschaften von besonderer Bedeutung, die einen Schwerpunkt auf Bildung setzen. Das gebe den Menschen die Chance auf ein besseres Leben in Regionen, die meist sehr abgelegen und arm sind. Schweiger war noch bis vor wenigen Jahren in regelmäßigen Abständen dort, um zu helfen. Insgesamt 13 Mal unternahm er Reisen nach Tibet, und insgesamt fast drei komplette Jahre verbrachte er dort als Helfer . Heute, als Familienvater mit vier Kindern im Alter zwischen fünf und 15 Jahren wäre das nicht mehr so einfach möglich. Auf die Frage, was denn die schönsten Momente in seiner Zeit als humanitärer Helfer war, antwortet er: "Die Freude bei den Kindern zu sehen, denen geholfen wird."

Die Grazinglandschule in Tibet ist eines der von dem Verein Asia mit finanzierten Projekte. (Foto: Wolfgang Schweiger)
In einer Schule mit gehbehinderten Nomadenkindern. (Foto: privat)
Mit Abt Khempo Sonam vor dem Neubau der Dergeschule in Tibet im Jahr 2007. (Foto: privat)

Doch es gibt neben den Höhen auch Tiefen, wenn man in so armen Regionen arbeitet. "Als ich als junger Assistenzarzt im Tibet anfing, da kam ich in Hostels ohne Heizung auf einer Höhe von 3600 Metern unter. Die Notaufnahmen waren sehr einfach, es gab kaum Mittel. Das führte zu hohen menschlichen Verlusten." Schweiger hat dem Tod mehr als ein Mal ins Gesicht geblickt. Nach dem Erdbeben in der tibetischen Stadt Yushu im Jahr 2011, wo mehr als 3000 Menschen starben, war Schweiger auch vor Ort. Er half mit, die Versorgung der vielen Waisenkinder zu organisieren.

Heute gehört der Tod in gewisser Weise zum Alltag von Schweiger. Er leitet die Palliativstation, wo es um die Versorgung von Schwerstkranken und Sterbenden geht. "Ich versuche, Leid zu lindern, und dass die Person gut und friedlich stirbt. Es ist alltäglich und doch besonders", erzählt er. Während Schweiger über den Tod redet, merkt man, wie sehr er sich auch auf einer philosophischen Ebene mit ihm auseinandergesetzt hat. Viele Denkansätze kommen aus dem Buddhismus, eine wichtige intellektuelle Quelle für ihn. So koordiniert er auch die Ethikkonferenzen am Starnberger Klinikum.

"Ich wollte Arzt werden, seit ich denken kann."

Aufgewachsen und geboren ist Schweiger in Gauting. Schon früh wusste er, welchen Beruf er einmal ausüben will: "Ich wollte Arzt werden, seit ich denken kann". Es scheint, als ob dieser Wunsch, anderen Menschen zu helfen, schon von klein auf vorhanden war.

Nach seinem abgeschlossenen Medizinstudium reiste Schweiger für ein Jahr nach Chengdu in China, um dort traditionelle Medizin zu studieren. Als er dann 1994 als Tourist nach Tibet reiste, verliebte er sich schnell in die Gegend. "Das war, wie nach Hause kommen. Die Herzlichkeit, die Berge." Schnell fühlte er sich sehr verbunden zu diesem Ort, an dem er viele Einheimische noch heute als Freunde zählen kann. In Lhasa arbeitete er von 1997 für 2000 in der Notaufnahme für CISP, ein anderes Hilfswerk.

Was das kostbarste ist, was er aus seiner langjährigen Arbeit in den NGOs gewonnen hat? "Ich freue mich, das Glück zu haben, mit so vielen tollen Leuten arbeiten zu können". Viele wichtige Begegnungen hätten sich gerade auch über sein Engagement ergeben. Die wichtigste Begegnung sei die mit seiner Frau Gisela Auspurg gewesen. "Da muss ich erst mal etwas ausholen", erzählt er mit einer gewissen Freude in der Stimme. Im Jahr 1997, als er in Lhasa arbeitet, fehlte es in der Stadt an medizinischem Material. Über ein Reisebüro suchte Schweiger nach Leuten, die solches Material nach Lhasa transportieren können und fand das Paar Heinz und Irmgard Auspurg aus Gauting, die diese Aufgabe übernehmen wollten. Es waren seine heutigen Schwiegereltern. So begann eine langjährige Zusammenarbeit, die noch intensiver wurde, als Schweiger 2001 den Förderverein Asia gründete. Der ist primär dafür zuständig, in Deutschland Öffentlichkeitsarbeit zu machen und weitere Spenden zu sammeln für die Mutterorganisation. Dadurch lernte Schweiger dann auch Gisela, die Tochter des Paares kennen, die dann seine Frau wurde.

Die Hilfe, das ist der rote Faden, der sich durch das gesamte Leben Schweigers zieht. Es sei auch die Basis für sein persönliches Glück. Dem tibetischen Buddhismus fühlt er sich verbunden, die Grundlagen dienen ihm als moralischer Kompass. Auf die Frage, was seine wichtigsten Grundsätze seien, antwortet Schweiger: "Ein gutes, ethisches Leben führen. Ein gutes Karma zu haben. Und mit einem offenen Herzen zu leben". Am Ende des Gespräches ergänzt er: "Und Vergänglichkeit. Unser materieller Körper, der geht zurück in die Erde. Was bleibt, sind unsere positiven Taten."

Wenn Schweiger nicht mit seinem Beruf oder dem ehrenamtlichen Engagement beschäftigt ist, verbringt er gerne Zeit mit seiner Familie. In seinem großen Garten direkt an der Würm in Stockdorf spielt er mit seinen Kindern. Außerdem verbringt er gerne Zeit in der Natur. Und wenn er sich mal verausgaben will, dann fährt er mit seinem Kanu die Würm hinauf zu einem Fitnessstudio.

Was denn nun seine Pläne für die Zukunft seien? "Hilfsprojekte ausbauen, noch mehr Menschen helfen."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sterbebegleitung
:Ärger um das Hospiz in Polling

Südlich vom Starnberger See wird dringend ein neues Hospizzentrum gebraucht, da sind sich alle einig. Deshalb sollte in Polling eine solche Einrichtung entstehen. Doch nun gibt es Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten. Steht das Projekt auf der Kippe?

Von Kia Ahrndsen

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: