Starnberger See:Stiller Protest mit grünen Kreuzen

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Der Landwirt Franz Grenzebach aus Weipertshausen fühlt sich durch verschärfte gesetzliche Auflagen in seiner Existenz bedroht. Deshalb hat sich er sich einer Aktion von Bauern angeschlossen und ein Kruzifix aus Holz am Feldrand errichtet

Von Benjamin Engel, Münsing

Im Landkreis sind die Symbole noch selten. Doch das grüne Kreuz direkt neben der Staatsstraße und dem Radweg zwischen Münsing und Weipertshausen ist kaum zu übersehen. Wer vorbeifährt, hat es sofort im Blick. Genau das ist auch geplant. Franz Grenzebach aus Weipertshausen will mit dem großen Kreuz ein Zeichen gegen die aus seiner Sicht überbordende Bürokratieflut in der Landwirtschaft setzen. Der Bauer stört sich besonders am heuer von der Bundesregierung verabschiedeten Agrarpaket. "Über die Köpfe der Landwirte hinweg werden die Auflagen verschärft", mokiert er sich. "Das ist eine stille Enteignung."

Diese Form des ruhigen Protests hat der als "Bauer Willi" bloggende Willi Kremer-Schillings angestoßen. Mit den grünen Kreuzen wendet er sich gegen Flächenversiegelung und verschärfte Düngeregelungen. Durch das Agrarpaket sieht er die Existenz vieler Betriebe unter anderem auch durch Fleischimporte aus dem Ausland bedroht.

Mit diesen Zielen stimmt Grenzebach überein, unabhängig davon, dass Kremer-Schillings nach Recherchen der Tageszeitung aus Berlin für die Agrarindustrie tätig ist. Der Mittzwanziger aus Weipertshausen sieht die Landwirte von Nichtregierungsorganisationen und Politikern zu Unrecht als schwarze Schafe an den Pranger gestellt. "Wir produzieren unter höchsten und stetig steigenden Auflagen, die sich selbst überschlagen", sagt er. Dass infolge des Agrarpakets Pflanzenschutzmittel nur noch in wesentlich geringerem Ausmaß eingesetzt werden dürfen, kritisiert er. Auf seinen Feldern und Ackerflächen bringe er die teuren Produkte nur aus, wenn Pflanzen krank seien. Schließlich wolle keiner verpilztes Getreide-Mutterkorn haben.

...und will mit dem großen Kreuz ein Zeichen gegen die aus seiner Sicht überbordende Bürokratieflut in der Landwirtschaft setzen. (Foto: Benjamin Engel/oh)

Rund um den Hof in Weipertshausen bewirtschaftet die Familie 45 Hektar Acker und Grünland. Mit den neuen Auflagen, so glaubt Grenzebach, werden Erträge und Qualität sinken. Raps anzubauen, werde wirtschaftlich unmöglich sein. Zwiegespalten sieht der junge Mann das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Das will die Bundesregierung von Ende 2023 an verbieten. Er selbst habe das Herbizid noch nie eingesetzt, er sei dafür, nur so viel wie unbedingt nötig einzusetzen. Fraglich sei, ob nach Glyphosat womöglich ein noch umstritteneres und weniger erforschtes Mittel auf den Markt komme.

Kaum verstehen kann Grenzebach, dass die Frist für den Einsatz von Düngemitteln ausgeweitet werden soll. Dafür müsse er mehr Lagerkapazitäten für seine Gülle schaffen und dürfe nicht düngen, wenn die Witterung am günstigsten sei.

In der Region zählt die Familie Grenzebach mit 55 Kühen plus Nachzucht zu den größeren Milchviehbetrieben. Aus seiner Sicht ist das von der Bundesregierung geplante Tierwohl-Label für den Verbraucher verwirrend. Es werde nur auf freiwilliger Basis eingeführt und damit auf importiertem Billig-Fleisch aus dem Ausland nicht zu finden sein, sagt Grenzebach. Ihm sei artgerechte Tierhaltung wichtig, sagt er. Zudem hat der Landwirt im Frühjahr mit einem Blühwiesen-Projekt begonnen. Auf 40 000 Quadratmetern hat er Blühmischungen ausgesät, um Lebensräume für Insekten zu schaffen. Dafür hat er 180 Paten gewonnen, die das Projekt finanzieren.

Noch ein seltener Anblick im Landkreis, aber nicht zu übersehen: Franz Grenzebach aus Weipertshausen bei Münsing hat sich entschieden zu protestieren... (Foto: Benjamin Engel/oh)

Nur von wenigen Landwirten hat Peter Fichtner bislang mitbekommen, dass sie grüne Kreuze aufgestellt haben. Der Kreisobmann des Bauernverbandes unterstützt die Kritikpunkte der Aktion aber ebenso. Er fürchtet, dass deswegen vor allem kleinere Landwirte aufgeben würden. Um wirtschaftlich weiter bestehen zu können, seien die bäuerlichen Betriebe gezwungen, sich immer weiter zu vergrößern.

© SZ vom 30.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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