Verkehr in Starnberg:Ein "Hauch von Gardasee" für Starnberg

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Die Planer der Starnberger Agenda legen ein 45-seitiges Konzept für die Stadt vor, mit dem sie schon vor dem Tunnelbau die Vormacht der Autofahrer bremsen und die Verkehrsführung in der Innenstadt teilweise umkrempeln wollen.

Von David Costanzo, Starnberg

Es sind Visionen, Pläne und Forderungen, manche detailliert, manche noch vage. Doch sie haben alle ein Ziel: Starnberg soll lebendiger werden. Die Stadt soll weniger unter der Last Zehntausender Autos täglich ächzen, Fußgänger und Radler sollen sich die Straßen zurückerobern. An diesem Plan tüfteln die Ehrenamtlichen im Arbeitskreis Verkehr der Starnberger Agenda-Bewegung "Stagenda 21" seit Jahren, nun haben sie ein 45-seitiges Konzept vorgelegt mit dem Namen "Lebendiges Starnberg" - "weil jetzt etwas passieren muss", so Irmgard Franken, Sprecherin des Arbeitskreises Verkehr und Ortsvorsitzende im Bund Naturschutz.

Runter von der Insel: An der Kreuzung am Tutzinger-Hof-Platz soll nach den Ideen des ehrenamtlichen Arbeitskreises Verkehr ein großer Kreisel entstehen. Helm Andreas Heigl, Irmgard Franken, Andrea Schmölzer und Helmut Rauscher (v. li.) gehören ihm an. (Foto: Nila Thiel)

Ein Kreisel am Tutzinger-Hof-Platz, Einbahnstraßen in Leutstettener Straße und am Bahnhof, verkehrsberuhigte Wittelsbacherstraße: Im Konzept schlagen die Engagierten vor, wie die Innenstadt fußgängerfreundlich umgebaut werden kann, mehr Radwege und ein besseres Busnetz entstehen und Autos gebremst werden. Mehr Sicherheit, mehr Grün, mehr Ruhe, mehr Miteinander - darum geht es dem Arbeitskreis. Als das Konzept jüngst beim Unternehmerfrühstück vorgestellt wurde, hat ein Geschäftsmann geschwärmt, es versprühe einen "Hauch von Gardasee".

Die Innenstadt soll nach dem Vorbild der Maximilianstraße (im Bild) beruhigt werden. (Foto: Nila Thiel)

Ausgangspunkt aller Überlegungen ist der Bau des Tunnels unter der B2. Der soll in sieben Jahren rund die Hälfte der 40 000 Fahrzeuge am Tag in der Stadt schlucken. Das wird Raum schaffen. Raum, den sich die Autos schnell wieder zurückholen werden, wenn die Stadt nicht schon jetzt vorsorgt, davon ist Architekt Helm Andreas Heigl überzeugt, der zusammen mit dem früheren Kreisbaumeister Helmut Rauscher zu den federführenden Autoren gehört. Die Methode: Den oberirdischen Durchgangsverkehr etwa in Münchner und Hanfelder Straße so bremsen - oder zumindest im Vergleich zu heute nicht beschleunigen -, dass er wirklich komplett im Tunnel verschwindet.

Den Machern ist bewusst, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen werden. Sie können nicht einmal beziffern, wie viele Maßnahmen ihr Konzept umfasst, geschweige denn die Kosten schätzen, die Starnberg mit etlichen Millionen belasten dürften. Das alles sei ehrenamtlich nicht zu leisten. Sprecherin Franken aber sagt: "Wir wollen darstellen, was geht." Im Juli soll der Stadtrat über die Ideen beraten.

Innenstadt

Nach dem Konzept sollen weite Teile der Innenstadt umgekrempelt werden - baulich als auch von der Verkehrsführung her. Autos sollen nicht mehr überall abbiegen dürfen, die Abkürzung bei Stau auf der B2 über den Bahnhofplatz soll ein Ende haben. Erreichen wollen das die Mitglieder des Arbeitskreises mit einer Folge von Einbahnstraßen, die den Verkehr in Schlingen und festgelegten Routen durch die Innenstadt führen. Beispiel: Wer über die Bahnhofstraße einfährt, muss dort auch wieder zurück auf die Hauptstraße, weil es am Bahnhofplatz nicht weitergeht. Der Platz soll zur barrierefreien Begegnungszone umgebaut werden, in der sich Fußgänger, Radfahrer und Autos gleichberechtigt bewegen - Schilder sollen weg, Bäume hin. Wittelsbacherstraße und Teile der Kaiser-Wilhelm-Straße sollen nach ähnlichem Muster umgebaut oder zumindest verkehrsberuhigt und mit Tempo 20, beziehungsweise 30 versehen werden. Als Vorbild könne die Maximilianstraße dienen, sagt Architekt Heigl. "Da traut man sich, die Straßenseite zu wechseln." Der Wegfall einiger Parkplätze sei zu verkraften, weil vor allem in den Parkhäusern immer welche frei seien. Die Haupteinfahrt in die Innenstadt soll am Tutzinger-Hof-Platz mit einem großen Kreisel entstehen, die Ausfahrt sehen die Planer in der Leutstettener Straße, die dann zur Einbahnstraße in Richtung B2 würde. Darüber solle der Stadtrat möglichst bald entscheiden, denn dann könne die Tunnelplanung verschlankt werden: Anstelle der Abbiegespuren in die Leutstettener Straße könnten Radwege entstehen und Bäume gepflanzt werden.

Radwege

Da entlang der B2 mit dem Tunnel jeweils eine Spur wegfällt, entsteht genug Platz für breitere Gehwege und mit Pollern abgeschirmte Radwege. Die gesamte Innenstadt könne über die Achse Jägerhuber-/Perchastraße erschlossen werden. Denn auch die durchfahrenden Radler wollen die Planer vom Bahnhofplatz fernhalten, damit es dort nicht zu eng wird.

Bus

Er hat nur wenige Sitze, fährt elektrisch - und ganz ohne Fahrer: So einen "Autonomen Bus" können sich die Macher auch als Shuttle in der Innenstadt vorstellen. Eine Vorrangschaltung an den Ampeln könnte die Linienbusse beschleunigen, und ein Badebus an den See die Ausflügler dazu bewegen, ihr Auto in München stehen zu lassen.

Autos

An den sechs Einfallstraßen müssten "virtuelle Stadtmauern" entstehen, schwebt den Planern vor. Autos sollen durch schmälere und verschwenkte Spuren, Parkbuchten und Ampeln gebremst werden, damit der Tunnel wirklich die schnellste Fahrt durch Stadt ermöglicht. Aber auch die Einheimischen müssen mitspielen und die Freiräume für Fußgänger, Fahrräder, E-Bikes und Roller nutzen. Irmgard Franken sagt: "Die Starnberger müssen lernen, sich neu in der Stadt zu bewegen."

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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