Starnberg:Unbezahlte Überstunden

Lesezeit: 2 min

Ex-Mitarbeiter der Bäckerei Meier klagen über schlechte Entlohnung und großen Druck.

Von Christian Deussing, Starnberg

Mit den "besten Backwaren die Nummer Eins" zu sein und erfolgsorientiert die Kunden zu begeistern - das war der Anspruch der Bäckermeisterei Meier gewesen, die jetzt ihren Betrieb aufgegeben und die meisten ihrer 19 Filialen an Konkurrenten verkauft hat. Auch in der Branche war das Aus der Starnberger Traditionsfirma ein Paukenschlag. Für manche Beobachter hatte sich aber der mögliche Niedergang schon vor Monaten abgezeichnet, weil in der Produktion am Ende wohl das Personal fehlte, das große Pensum zu schaffen. Viele wichtige Mitarbeiter waren offenbar wegen des enormen Arbeitsdrucks und zu geringer Bezahlung davongelaufen.

"Wir mussten in der Zehn-Stundenschicht immer Vollgas geben, es war total stressig", erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter. Die harte Arbeit mit oft zu wenig Personal und Fachkräften sei trotzdem "schlecht entlohnt" worden, zudem seien Überstunden nicht auf dem Gehaltszettel aufgetaucht. Eine damalige Kollegin berichtet von Meier-Verträgen, nach denen eine 42-stündige Wochenarbeitszeit gegolten habe. Das habe zumindest auf dem Papier gestanden. "Ich weiß gar nicht, warum ich immer die Zeit abgestempelt habe", fragt sich ein Bäcker. Den Firmenchef Stephan Meier hat er nach eigenen Angaben in der Starnberger Produktionszentrale nur sehr selten gesehen - und wenn, "dann nur fünf Minuten". Der Ex-Angestellte mokiert sich auch über das Video auf der Firmen-Homepage, wo Inhaber Meier als Bäckermeister kräftig mithilft und den Teig knetet. "Das war alles nur Show."

Keine Show waren dagegen die relativ häufigen behördlichen Hygiene-Kontrollen in der zentralen Backstube, in der nach SZ-Informationen viele Mängel entdeckt wurden - die aber nicht den Verbraucher gefährdeten. Es sollen empfindliche Bußgelder verhängt worden sein. Ob diese Strafen Stephan Meier endgültig dazu bewogen haben, aufzugeben, ist unklar. Denn auch nach mehrfachen Anfragen hat der 45-Jährige keine weitere Stellungnahme zum Firmen-Aus abgegeben. Der promovierte Betriebswirt teilte lediglich mit, sich erst Ende April zu äußern.

Dass die Mitarbeiter erst sehr spät von der Schließung erfuhren, ist für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ein Unding und "schlechter Stil". Überdies hätte sich die Firma als Innungsmitglied im Entgelttarifvertrag an eine 40 Stunden-Woche halten müssen, sagt Mustafa Öz, NGG-Geschäftsführer in München und der Region. Ebenso sollten Überstunden für Mitarbeiter in Nachweisen überprüfbar sein. Öz kritisiert außerdem den "chaotischen Übergang" der Filialen an die anderen Bäckereien, was zahlreiche Verkäufer verunsichert habe.

Mindestens einer von ihnen ist aber sehr zufrieden, jetzt in einem Geschäft zu arbeiten, das die Höflinger Müller GmbH übernommen hat. Die Waren und die Auswahl seien nun "deutlich besser und auch die Organisation", freut sich der Verkäufer.

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: