SZ-Adventskalender:Ohne Worte

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Mila spricht nicht, kann sich aber dennoch verständigen. Der SZ-Adventskalender will ihr eine betreute Freizeit ermöglichen

Von Blanche Mamer, Starnberg

Mila D. ist ganz geschickt mit ihrem Tablet. Da sie nicht spricht, kommuniziert sie über das elektronische Hilfsmittel. Sie versteht sehr gut, weiß viel, merkt sich alles, und niemand in ihrer Klasse kann sich so geschickt via Icons mitteilen. Auf die Frage, was sie gern mache, zeigt sie eine CD an, dann steht sie auf, stellt sich hin, streckt einen Arm aus. Als die Heilpädagogin nicht sofort reagiert, greift sie deren rechte Hand, legt ihr die linke um die Hüfte und macht einen Tanzschritt. Und freut sich, dass die Lehrerin endlich kapiert. "Sie weiß sich zu verständigen und erreicht auch meistens das, was sie will", stellt diese fest. Erst seit September besucht die schmächtige 16-Jährige mit Down-Syndrom die Franziskus-Schule der Lebenshilfe in Starnberg. Sie fühlt sich dort so wohl, dass sie hin und wieder einzelne Worte spricht. Vor vier Jahren hatte sie mit dem Sprechen aufgehört, warum ist bis heute unklar. Noch zweieinhalb Jahre wird sie in der Einrichtung bleiben und auf die Berufsschule vorbereitet, um dann in einer geschützten Werkstatt arbeiten zu können. "Sie ist sehr schlau und so geschickt, dass sich sicher der richtige Platz für sie findet", meint ihre Lehrerin. Dabei sah es noch vor drei Monaten gar nicht danach aus, als ob Mila sich an die neue Schule gewöhnen könnte. Der Schulwechsel war nötig, weil die Familie nicht in der verschimmelten Wohnung in München bleiben konnte. Anfangs sei sie oft traurig und manchmal auch stinksauer gewesen, erzählt die Pädagogin. Inzwischen hat sie sogar Freunde gefunden, sie mag Zoe und Hakan gern, greift ihre Hände und lächelt.

Ist das normal? (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Zu Hause war es traurig, weil alle in so großer Sorge um das todkranke Baby waren. Der heute eineinhalbjährige Emin wurde mit einem schweren Herzfehler, geschädigter Speiseröhre und porösem Magen geboren, lag längere Zeit auf der Intensivstation im Schwabinger Kinderkrankenhaus, wurde künstlich ernährt und war mehrere Wochen im künstlichen Koma, bevor er im Herzzentrum operiert werden konnte.

Da die Mutter meist bei dem Kleinen ist, hat die Oma kommen müssen, um Mila zu versorgen. Denn der Vater arbeitet in der Nachtschicht, er kommt erst heim, wenn der Schulbus Mila bereits abgeholt hat. Er verdient gerade so viel, dass die Familie nicht darben muss. Für Extras fehlt das Geld. Heute überhört Mila jedoch alle Fragen über den Babybruder. Sie zeigt auf ihrem Tablet lieber an, was sie trinken will, wenn die Klasse ins Café geht. Mit dem Finger tippt sie auf die Cola-Flasche, der Computer ordert das Getränk. So kann Mila selbstständig eine Bestellung aufgeben, was ihr sichtlich gefällt. Schließlich will sie so unabhängig sein, wie möglich.

Diese speziellen und robusten Tablets seien eine unschätzbare Hilfe für die Kommunikation von Schülern, die nicht sprechen, meint Schulleiterin Ricarda Friderichs. Leider besitze die Schule nur einige, sie wolle aber versuchen, wenigstens eins pro Klasse zu bekommen. Und Mila täte es gut, wenn sie mal herauskäme aus ihrem freudlosen Umfeld. "Man sieht, dass sie große Fortschritte macht. Was sie braucht sind Erlebnisse mit Gleichaltrigen. Darum soll sie an einer betreuten Freizeit teilnehmen. Doch dafür braucht es Spenden vom SZ- Adventskalender.

© SZ vom 08.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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