Spatenstich zum B2-Tunnel:Nachhall einer lautstarken Demonstration

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Starnbergs CSU-Stadtrat Stefan Frey bezeichnet das Auftreten der Tunnel-Gegner als beschämend. Christiane Falk (SPD) fordert Bürgermeisterin Eva John zum Rücktritt auf.

Von Peter Haacke, Starnberg

Der Spatenstich zum B2-Tunnel am Freitag dürfte als eines der denkwürdigsten Ereignisse in der Geschichte der Kreisstadt in Erinnerung bleiben. Nach Ansicht vieler Bürger und Stadträte war die zeitgleich stattfindende Demonstration gegen Tunnel, Regierungs- und Bürgervertreter aber auch die beschämendste Aktion, die jemals in Starnberg stattgefunden hat. Im Stadtrat gab es am Montag einen Nachhall auf die Anti-Tunnel-Kundgebung, die bei vielen einen peinlich-faden Nachgeschmack hinterließ.

Mit ohrenbetäubendem Lärm durch Trillerpfeifen und Gasdruck-Hupen hatten Hunderte Demonstranten den Festakt am Landratsamt durchgängig massiv gestört. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Bayerns stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner, aber auch Landrat Karl Roth und Uwe Fritsch, Leiter des Staatlichen Bauamts in Weilheim, mussten in ihren Ansprachen permanent gegen eine Geräuschkulisse ankämpfen. Den Demonstrationszug - darunter Stadträte und Vorstände von WPS, BMS, BLS und FDP - hatte WPS-Stadtrat Markus Mooser ("Wir blasen sie vom Platz!") instruiert. Ordner verteilten Schilder, Trillerpfeifen und Ohrenstöpsel. Kurzzeitig führte Bürgermeisterin Eva John den Marsch der Tunnelgegner an. Einige der laut Polizei etwa 300 bis 400 Demonstranten hielten Schilder in die Höhe, auf denen die Konterfeis jener fünf Stadträte abgebildet waren, die den Beschluss "Tunnel bauen, Umfahrung realisieren" ermöglicht hatten; ihnen warf man "Wahlverrat" vor. Aber auch "Ilse go home" war zu lesen. Starnbergs Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp war im Gedränge körperlich attackiert worden. Nur kurzzeitig herrschte Ruhe: Als Bürgermeisterin John entgegen ihrer Ankündigung überraschend doch ein Grußwort sprach, verstummten Trillerpfeifen und Hupen. Ein Wort der Mäßigung war von John jedoch nicht zu hören; der ohrenbetäubende Protest ging danach unvermindert weiter.

Im Stadtrat kam die Angelegenheit mehrfach zur Sprache: Stefan Frey (CSU) verteilte im Namen von zehn Stadträten eine Erklärung, in der Art und Weise des Protests als zutiefst beschämend bezeichnet wurde: "Es wurden Grenzen überschritten." Stadträte wurden als "Verräter" bezeichnet, Redner sollten "abhauen". Vor allem das Wort "Verrat" erinnere an eine Hetzjagd mit dem Ziel, Menschen zu beschädigen. "Wie viele Tiefpunkte muss diese Stadt noch ertragen?", fragen die Unterzeichner. In der Bürgerfragestunde bezeichnete Roland Richter den hasserfüllten, aggressiven Auftritt der Tunnelgegner, die Regierungsvertreter beleidigt hatten, als "Gipfel der Schamlosigkeit". Aufgabe der Bürgermeisterin wäre es gewesen, die Veranstaltung zu befrieden, sagte Richter und fragte John, ob sie weiter in diesem Sinne handeln oder nicht besser freiwillig sofort zurücktreten wolle. Dafür gab es Applaus aus Reihen der Zuhörer. John konterte: Die erste Frage habe sie bereits beantwortet ("Die Stadtverwaltung ist sich ihrer Verantwortung bewusst"), auf die zweite antwortete sie nur: "Nein."

Christiane Falk (SPD) verlas am Ende der Sitzung eine persönliche Erklärung. "Fremdschämen" sei das richtige Wort für die unwürdige Situation am Freitag beim Festakt. Das Verhalten der Demonstranten gegenüber wichtigen Gästen der Stadt sei ebenso indiskutabel wie "Stadtratskollegen, die Bürger aufhetzen", und das Verhalten der Bürgermeisterin. "Wenn es Ihnen persönlich so schwer fällt, Ihr Amt würdig und sachgerecht auszuführen,", sagte Falk zu John, "wenn es Ihnen persönlich nicht möglich ist, ihre Meinung dem Mehrheitswillen unterzuordnen, dann bleibt nur eine logische Konsequenz: Dass Sie über einen Rücktritt nachdenken."

Mooser und Klaus Huber (beide WPS) indes verteidigten ihr Handeln mit Hinweis auf die Demokratie, das Wahlergebnis der Kommunalwahlen 2015 und das versagte Bürgerbegehren. Die Demo sei Ausdruck des freien Willens jener Bürger gewesen, die keinen Tunnel wollen, sich jetzt aber enttäuscht und betrogen fühlen. Huber, Vorsitzender der BI "Pro Umfahrung", räumte ein, dass er persönlich 150 Demonstranten am Telefon zur Teilnahme aufgefordert hatte.

© SZ vom 25.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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