Kultur im Landkreis Starnberg:"Die Live-Auftritte und der Applaus haben uns gefehlt"

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Matthias Riedel-Rüppel, Elke Link und Benjamin Tillig (von links) bei der Podiumsdiskussion im Starnberger Museum. (Foto: Nila Thiel)

Auf dem Neujahrsempfang des Freundeskreises "Museum Starnberger See" diskutieren die Gäste über die Folgen der Pandemie für die Kulturbranche - und darüber, wie es weitergehen soll.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Seit der Pandemie liegt die Kulturszene am Boden und hat sich seitdem noch nicht wieder erholt. Auf dem Neujahrsempfang des Freundeskreises "Museum Starnberger See" am Donnerstag diskutierten Museumsleiter Benjamin Tillig und der Leiter des Kleinen Theaters in Haar, Matthias Riedel-Rüppel, im vollen Saal des Museums über mögliche Wege aus der Krise. Die Veranstaltung wurde musikalisch untermalt von der Band Klangzeit aus Breitbrunn. Die stimmungsvollen Tango-Variationen bekamen viel Applaus.

Kulturorte sind Orte der Begegnung und eine Zuflucht für die Seele. Wird auf Kultur verzichtet, sei das Leben dürftig, erklärte Riedel-Rüppel. "Erst wenn Kulturorte verschwinden, werden wir merken, was uns fehlt", ist er sich sicher. Zwar gab es während der Pandemie staatliche Hilfsprogramme, aber eben nicht für alle. Nach Angaben des Theaterchefs, der auch inklusiv angelegte Kulturprogramme für den Bezirk Oberbayern organisiert, bekamen während der Pandemie Mitarbeiter, die hinter den Kulissen arbeiten, wie etwa Techniker, Kostüm- oder Maskenbildner, keine Unterstützung. Um einen Abbau der Arbeitsplätze zu vermeiden, sei man während des Lockdowns auf digitale Angebote ausgewichen.

Auch, wenn ihm Besucher Fotos geschickt haben, wie sie in eleganter Kleidung mit einem Glas Sekt vor dem Fernseher sitzen, ist das für Tillig kein Ersatz für den Theaterbesuch vor Ort. Seine Handy-Rundgänge durch das Museum, die Tillig ins Netz gestellt hat, könnten ebenfalls nicht die direkte Begegnung ersetzen. "Wir brauchen das öffentliche Bekenntnis", so der Museumschef.

Auch junge Leute sollen wieder mehr für Kulturveranstaltungen begeistert werden

In Starnberg stand der Abbau von Mitarbeitern, allesamt städtische Angestellte, nicht zur Debatte. Aber die Kulturbetriebe haben finanzielle Probleme, da staatliche und kommunale Zuschüsse gesenkt wurden. Zwar werde die Unterstützung der Kultur in der Verfassung garantiert - jedoch sei sie eine freiwillige Leistung, erklärte Riedel-Rüppel. Wenn die Kommunen finanziell klamm sind, wie dies derzeit der Fall ist, werden diese Förderungen oft schnell gestrichen.

Diese Geldnot kann laut Riedel-Rüppel auch durch Drittmittel, wie etwa die Zuwendungen örtlicher Sponsoren, nicht kompensiert werden. Zudem könne man in diesen wirtschaftlich unsicheren Zeiten nie wissen, ob sich die Unternehmen eine Unterstützung künftig noch leisten können. Von den Eintrittsgeldern alleine konnten Kulturbetriebe ohnehin noch nie leben. "Wir wollen alle nicht kürzer getreten werden", betonte Tillig. Zwar verstehe er, dass Aktivposten gestrichen werden. Es sei aber dennoch bitter.

Auf Nachfrage aus dem Publikum berichteten die Musiker von Klangzeit von ihren persönlichen Erfahrungen während der Pandemie. Musiklehrer Johann Zeller konnte die Auftritt-Ausfälle durch seinen festen Job finanziell ebenso kompensieren wie Marie-Josefin Melchior, die als Tonmeisterin arbeitet. "Doch die Live-Auftritte und der Applaus haben uns gefehlt", sagte Zeller.

Die Band Klangzeit aus Breitbrunn umrahmte die Veranstaltung musikalisch. (Foto: Nila Thiel)

Die Diskutanten waren sich darin einig, dass es neben dem Geld weitere Probleme gebe. Viele Kulturschaffende hätten den Mut verloren, erklärte der Theaterchef. Die Kulturbetriebe müssten sich daher neu ausrichten und eigene Wege finden. Riedel-Rüppel schlug eine genreübergreifende Vernetzung der Kulturbetriebe vor. Zudem müssten jene Besucher wieder für den Gang zu Vorstellungen motiviert werden, die träge geworden seien, weil die Kultur während der Pandemie zu ihnen gekommen ist.

Des Weiteren sollten Wege gefunden werden, wie junge Leute in Kultureinrichtungen gelotst werden können, "ohne dass die Schule beschließt, dass sie hingehen müssen". Solange der finanzielle Engpass anhält, will Tillig bei Ausstellungen kleinere Brötchen backen, dafür aber mehr in die Tiefe gehen.

Aus dem Publikum wurde vorgeschlagen, kleine Initiativen zu unterstützen, die nicht viel kosten. Die Einrichtungen könnten ihre Räumlichkeiten für Lesungen oder Kleinkunst zur Verfügung stellen. Wie am Rande der Veranstaltung zu erfahren war, soll das seit dem Bau 2008 nie aktivierte Schaufenster an der Possenhofener Straße im Frühjahr eröffnet werden.

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