Starnberg:Lehrermangel im Fünfseenland

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Die personelle Situation im Landkreis Starnberg ist angespannt, die mobile Reserve ist oft schon verplant. Das Schulamt wirbt nun um Real- und Gymnasiallehrer für den Einsatz an Grund- und Mittelschulen.

Von Blanche Mamer, Starnberg

"Der Lehrermangel ist ein Fakt und für Starnberg nicht neu", sagt die Starnberger Schulrätin Elisabeth Hirschnagl-Pöllmann. "Schon zu Beginn des laufenden Schuljahres war uns klar, dass wir etwas tun müssen. Die mobile Reserve war bereits verplant, und so mussten wir uns nach zusätzlichen Lehrkräften umsehen." Es gab ein höheres Budget, auch Lehrerstunden gab es genügend. Doch es war schwierig, Pädagogen zu finden. Das Schulamt habe versucht, alle möglichen Ressourcen auszuschöpfen, sagt die Schulamtsleiterin, die über zirka 450 aktive Lehrer im Grund- und Mittelschulbereich sowie 40 bis 50 Fach- und Förderlehrer verfügt.

Bisher konnte das Amt sich behelfen. "Wir haben uns umgehört und alle angesprochen: Einige junge Lehrerinnen sind frühzeitig aus der Elternzeit zurückgekehrt, wir haben die Stundenzahl von Teilzeitkräften erhöht und angehende Realschul- und Gymnasiallehrer, die ihr Staatsexamen zum Halbjahr abgelegt haben, angeworben." Diese haben ein halbes Jahr Zeit, ehe sie ins reguläre Referendariat starten. Einige wollen an der Mittelschule bleiben. "Heuer haben wir eine Realschul-Lehrkraft und sechs Lehrer mit zweiter Staatsprüfung fürs Gymnasium, die nun die Nachqualifikation absolvieren", sagt Hirschnagl-Pöllmann. Der Einsatz in der Mittelschule, die sie ja bis dahin nicht kannten, habe ihnen gefallen. "Ich hoffe, dass wir auf diese Art auch ein paar zusätzliche Lehrer für die Grundschule bekommen."

Die Situation im Landkreis weist neben dem grundsätzlichen Mangel einige Besonderheiten auf: So kämpft das Schulamt damit, dass Lehrer, die vom anderen Ende Bayerns ins Fünfseenland versetzt werden, nicht antreten: Sie haben Familie, finden keine Wohnung - ein spezielles Problem der Landkreise im Münchner Süden. Nicht jeder kann oder will täglich nach Oberbayern pendeln.

Zudem hat der Landkreis Starnberg in den vergangenen Jahren viele junge Lehrerinnen bekommen, und somit müssen Ausfälle durch Schwangerschaften einkalkuliert werden. Die meisten Junglehrerinnen arbeiten in Vollzeit, sind Klassenlehrerinnen. So fällt eine hohe Zahl an Vertretungsstunden an. Damit ist "ein Großteil der mobilen Reserve schon vor den Ferien fürs kommende Schuljahr verplant", so Hirschnagl-Pöllmann. Fakt sei, dass die Anzahl der Lehrer, die aus gesundheitlichen Gründen ausfallen, gering sei im Vergleich zu den Lehrerinnen, die in Mutterschaft sind.

Die Schulrätin geht davon aus, dass sich der Lehrermangel verstärken wird, wenn demnächst die Lehrer der geburtenstarken Jahrgänge regulär in den Ruhestand gehen. Einige der Pensionäre arbeiten jetzt sogar über ihren 65. Geburtstag hinaus bis zum Schuljahresende, berichtet sie. Der Wunsch nach Altersteilzeit, die der Kultusminister jetzt nicht mehr genehmigen will, sei im Landkreis "verschwindend gering", sagt die Schulrätin.

Derzeit gebe es keine einzige Lehrkraft, die eine frühzeitige Pensionierung beantragt habe. Was die Rekrutierung und Nachqualifizierung der Lehrer der weiterführenden Schulen angeht, sei aber einiges einfacher geworden: Erstmals gibt es die Möglichkeit für Quereinsteiger, besondere Seminarveranstaltungen gemeinsam mit regulären Referendaren zu besuchen. Dort wird das pädagogische Umfeld behandelt und auf die Didaktik und Methodik der Grundschule eingegangen. "Mathematik selbst ist kein Problem, die kann jeder. Die Herausforderung ist: Wie bringe ich das den Kindern bei. Das müssen die Gymnasiallehrer - egal welches Fach sie studiert haben - erst lernen."

Die Schulamtsleiterin erläutert die Nachqualifizierung und hofft auf weitere Interessenten. Auch Bio- und Chemie-Lehrer oder Geschichts- und Sozialkundelehrer könnten Grundschullehrer werden. Bereits in den ersten zwei Jahren können sie Heimat- und Sachkunde unterrichten, bei Mathe und Deutsch müssen sie bei einem erfahrenen Lehrer hospitieren. Bis zur Eignungsfeststellung nach zwei Jahren erhalten sie einen befristeten Arbeitsvertrag, danach erst sind sie Lehrer auf Probe.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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