SZ-Adventskalender:Leben am Limit

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Maja E. unterstützt Freund und Mutter, ihr selbst bleiben oft nur 70 Euro im Monat

Von Blanche Mamer, Starnberg

Liebevoll kümmert sie sich um ihre Schützlinge im Pflegeheim, gibt ihnen all die Zuwendung, die sie sich für ihre sehr alte Mutter und ihren dementen Lebensgefährten wünscht, die in verschiedenen Heimen untergebracht sind. Seit Jahren arbeitet Maja E. (Name geändert) in der Altenpflege. Obwohl sie keinen üppigen Lohn hat, zahlt sie 300 Euro für die Heimunterbringung ihre Mutter dazu. Und für ihren Freund, Gerhard H., den sie vor einem Jahr ins Pflegeheim bringen musste, begleicht sie alle Extras. Und so bleiben ihr selbst höchstens 150 Euro im Monat. Manchmal, wenn eine besonders hohe Medikamentenzuzahlung fällig ist oder ihr Partner eine warme Jacke braucht, hat sie gerade mal 70 Euro für sich.

Im Januar wird ihr Freund, mit dem sie neun Jahre zusammenlebte, bevor er in Pflege kam, 61 Jahre alt, zu jung für die schwere Parkinson-Erkrankung mit Demenz. "Ich habe ihn fast fünf Jahre daheim versorgt, doch im vergangenen Jahr wurde es zu gefährlich für ihn, ich konnte ihn gar nicht mehr allein lassen", sagt Maja E. Schweren Herzens musste sie ihn in einem Heim für Demenzkranke unterbringen. Sie besucht ihn täglich, soweit es ihr von ihrem Dienstplan her möglich ist.

"Das Problem ist: Er isst nicht genug. Er kann nicht selbstständig essen, und es gibt nicht genügend Personal, um ihn immer zu füttern. Wenn ich nicht da sein kann, isst er nicht", sagt Maja E, die demnächst ihren 56.Geburtstag feiern wird. Darum hätte sie gern flüssige Nahrung für ihn, doch das kann sie nicht finanzieren. "Vier Flaschen kosten 16 Euro, drei am Tag sind notwendig, damit er genügend Nährstoffe bekommt", erklärt sie. Und das sei für sie utopisch. Zudem müsse sie sich um seine Kleidung kümmern. Er brauche Hosen mit Stretchanteil, damit das Anziehen einfacher sei. Auch Hemden und Jacken müssten bequem und dehnbar sein. Da er keine Angehörigen hat - seine Mutter, die in der Nähe von Fulda lebt, musste vor kurzem mit 85 Jahren ins Altenheim ziehen - hat er von niemandem Hilfe zu erwarten.

"Ich habe alles versucht, um seine Sachen zu regeln. Er besitzt nichts mehr, denn er ist ja schon lange arbeitsunfähig. Doch jetzt droht seine frühere Haftpflichtversicherung, ihn zu verklagen", befürchtet Maja E. Als der Brief kam, sei sie völlig fertig gewesen und habe sich an eine Mitarbeiterin der Insel gewandt. Schließlich habe sie ihm versprochen, sich um seine Angelegenheiten zu kümmern. Ihre Mutter in Zagreb habe sie auch schon lange nicht mehr besucht. Maja E. ist vor 30 Jahren aus dem damaligen Jugoslawien nach München gekommen.

In der Nacht vor Heiligabend habe sie noch Dienst. Danach werde sie ihren Freund besuchen und mit ihm feiern und dann in die Weihnachtsmette gehen. "In meiner Familie sind alle sehr gläubig. Ich werde dafür beten, dass das kommende Jahr ein wenig leichter wird." Vielleicht auch durch die Unterstützung des SZ-Adventskalenders.

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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