Starnberg/Krailling:Sozialpädagogen für Schulen

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Freut sich über pädagogische Hilfe: Schulleiterin Alexandra Helfrich. (Foto: Georgine Treybal)

Lehrer wünschen sich immer häufiger Unterstützung. Doch einen Jugendsozialarbeiter bekommt man nicht so einfach

Von Christiane Bracht, Starnberg/Krailling

Pädagogische Unterstützung wünscht sich die Kraillinger Schule. Und sie ist nicht allein im Landkreis Starnberg. Das Jugendamt bekommt immer wieder Anträge. "Es ist die beste Hilfe, die wir anbieten können", sagt auch Jugendamtsleiterin Rosemarie Merkl-Griesbach. Doch finanziell ist ein Jugendsozialarbeiter an der Schule für den Landkreis durchaus eine Herausforderung, deshalb müssen mindestens 20 Prozent der Schüler Migrationshintergrund haben. Alle Mittelschulen und die Fünfseenschule haben bereits pädagogische Unterstützung, ebenso die Grundschulen in Starnberg, Herrsching und Tutzing. Pöcking und Gilching (für die James-Krüss-Grundschule) bekommen bald Hilfe. Für Krailling sieht es schlecht aus: Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund ist zu gering. Dennoch hat Rektorin Alexandra Helfrich schon drei Anträge bei der Gemeinde gestellt. "Es geht auch um die Schulqualität", erklärte sie jüngst im Gemeinderat.

Die Nachbargemeinden Planegg und Gräfelfing finanzierten ihren Grundschulen sogar bis zu vier Sozialpädagogen. Wenn man die Schulen im Würmtal vergleicht, sei das ein eklatantes Missverhältnis, denn die Kollegen könnten ganz anders mit den Kindern arbeiten. Bei den Kommunalpolitikern stieß sie damit nicht unbedingt auf offene Ohren. Dennoch will die Gemeinde nun probeweise ab dem kommenden Schuljahr den Sozialpädagogen, der den Kraillinger Jugendtreff betreut, zehn Stunden pro Woche in der Schule einsetzen. Dies kostet die Gemeinde laut Hauptamtsleiter Franz Wolfrum im Jahr 11 000 Euro brutto. Man verbindet damit die Hoffnung, dass die Schüler einen besseren Zugang zum Jugendtreff bekommen.

30 Lehrer unterrichten derzeit in Krailling. Das klinge zwar zunächst nach ausreichend Personal für 265 Kinder in zwölf Klassen, aber die meisten Lehrer seien nur Teilzeitkräfte, manche sind sogar nur acht Stunden pro Woche da, sagte Helfrich. Und die Aufgaben der Schule haben sich im Laufe der Jahre deutlich erweitert: Inklusion müsse nun ebenso bewältigt werden, wie die Integration von Flüchtlingen oder die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund. Gleichzeitig haben sich die Lehrpläne geändert. Doch die Wissensvermittlung kann nicht mehr so uneingeschränkt im Fokus der Lehrer sein wie bisher, da die erzieherische Arbeit mehr geworden ist, berichtet Helfrich. Grund dafür sei, dass sich die Situation in den Familien in den vergangenen 20 Jahren stark verändert habe. Gerade im Würmtal sind meist Vater und Mutter Vollzeit berufstätig. Sie sehen die Kinder nur am Abend und am Wochenende. Und natürlich ist es für sie schöner, von den Kleinen angehimmelt zu werden, als mit ihnen zu schimpfen. Vielen fällt es auch schwer, Wünsche abzuschlagen. Zudem habe sich Erziehungsstil geändert. "Die Eltern begegnen ihren Kindern mehr als Partner. Die Erziehung ist demokratischer geworden und anders als früher steht das Kind in den meisten Familien im Mittelpunkt", erklärt die Schulleiterin. Das habe zur Folge, dass die Kinder einfach lebhafter sind, selbstbewusster und auch selbständiger. Für die Lehrer ist aber genau das eine große Herausforderung. Sie müssen den Kindern nicht selten Grenzen setzen oder ihnen zeigen, wie sie respektvoll miteinander umgehen. Nach jeder Stunde und in der Pause seien sie gefordert, sagt Helfrich. Nicht immer gibt es Raufereien oder Spaghetti fliegen mittags über den Tisch, einige Kinder kämen auch mit ihren Problemen und Erlebnissen zu den Lehrern. "Aber lange Gespräche nach den Stunden, das ist für Halbtagskräfte nicht leistbar", erklärt die Rektorin das Dilemma. Ein Sozialpädagoge könne ganz anders auf die Kinder eingehen und er habe einen anderen Blickwinkel. Er solle aber keineswegs nur als Streitschlichter herhalten, sondern auch als Vertrauensperson für die Schüler. Helfrich wünscht sich zudem, dass er auch Gruppenprojekte machen kann, etwa zum Thema Mobbing oder den Zusammenhalt der Klassen fördert. Er soll auch Bindeglied zu den Eltern sein, Abende für sie organisieren und Freizeitangebote entwickeln.

"Es kann nicht sein, dass eine Sache nach der anderen den Kommunen aufgedrückt wird. Wir haben keinen Goldesel", schimpfte Eleonore Zwißler (CSU). Auch Imme Kaiser (Grüne) fand, dass die Erziehung der Kinder eine "gesamtgesellschaftliche Aufgabe" sei und damit Sache des Kultusministeriums. "Wir zahlen schon einen siebenstelligen Betrag für die Kinderbetreuung und das ist eine freiwillige Leistung", erinnerte Martin Hoffmann (SPD). Hans Wechner (CSU) plädierte dafür, dass die Eltern auch zahlen müssten. "Ich sehe jeden Tag, dicke SUVs durchs Würmtal fahren. Und wenn ein Sozialpädagoge 80 000 Euro im Jahr kostet, sind das 6,28 Euro pro Woche pro Kind. Es kann nicht sein, dass alle Lasten auf die Kommune abgewälzt werden." Andere fanden, dass ein Jugendsozialarbeiter wichtige Präventionsarbeit leiste und man an Kindern nicht sparen dürfe. Die Nachbargemeinde Gauting hat übrigens den Antrag der Grundschule Stockdorf abgelehnt.

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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