Starnberg:Der Pendel-Chefarzt

Lesezeit: 3 min

Klinikchef Thomas Weiler kann seinen Spezialisten David Anz nun regelmäßig im Hauptquartier in Starnberg sehen. (Foto: Nila Thiel)

In Starnberg sollen in Zukunft Erkrankungen im Magen-Darm-Trakt minimalinvasiv behandelt werden können. Dafür nimmt Internist David Anz einiges an Fahrzeit auf sich.

Von Fabiane Houben, Starnberg

Immer mehr Menschen vermelden Probleme an der Speiseröhre, im Magen-Darm-Trakt, Leber und Bauchspeicheldrüse. Die Nachfrage von Patienten habe sich verdoppelt, berichtet David Anz. "Die Telefone stehen nicht mehr still." Er leitet die Gastroenterologie am Klinikum in Penzberg. Dort arbeitet er statt mit großräumigen Operationen mit einem biegsamen Gummischlauch, den er in den Bauch einführt. "Interventionelle Endoskopie", nennt sich das im Fachjargon. Dafür kommen die Patienten teils aus Fürstenfeldbruck oder vom Ammersee angefahren.

Wege, die kürzer werden sollen. In Zukunft soll die minimalinvasive Methode auch am Klinikum in Starnberg verfügbar sein. Dieses gehört wie Penzberg zum Verbund der Starnberger Kliniken. Zwischen den beiden Standorten pendelt Anz bereits jetzt. Er wurde ausgewählt, die neu gegründete Medizinische Klinik II für Gastroenterologie und Hepatologie in Starnberg aufzubauen. Dafür arbeitet er seit Kurzem an drei Tagen in der Woche in Starnberg, um hier die Weichen zu stellen.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Dafür genießt er die Rückendeckung seines Chefs. Der Geschäftsführer der Starnberger Kliniken, Thomas Weiler, findet warme Worte über seinen neuen Chefarzt im Pendelmodus. Anz sei im besten Alter, um die Position des Chefarztes zu übernehmen, da er über ausreichend Berufserfahrung verfüge und alles schon gesehen habe, sagt er.

Und Anz ist offensichtlich recht belastbar. Zusätzlich zu seiner Arbeit in den Starnberger Kliniken arbeitet er einmal im Monat als Notarzt und hält im Zuge seiner Professur am LMU-Klinikum in München Vorlesungen. Außerdem betreut er eine Forschungsabteilung, die im Bereich der Immunonkologie Medikamente entwickelt. Diese Medikamente sollen das eigene Immunsystem bei einer Krebserkrankung stärken. Damit ist er auch abends oder am Wochenende gut beschäftigt. Die Veranstaltungen finden auch mal abends oder an Wochenenden statt.

Ein Mann also, der sowohl ein Standbein in der Praxis als auch in der Forschung hat. Somit kann er Lehre und Forschung der Universitätsmedizin weiter bedienen und nach Starnberg holen. Von einer guten Vernetzung würden auch die Patienten profitieren. Wenn es um einen komplexen Fall von einem Krebspatienten gehe, "dann ist das für mich eine Whatsapp oder ein Anruf und ich habe den Experten schlechthin vom LMU-Klinikum am Telefon", sagt Anz.

David Anz kennt das Fünfseenland: Er ist gebürtiger Hechendorfer. (Foto: Nila Thiel)

Das LMU-Klinikum war seine Kaderschmiede. Hier wurde er zum Internisten ausgebildet, arbeitete sowohl in der Innenstadt als auch am Standort Großhadern. Mittlerweile lebt er in Murnau am Staffelsee und hat vier Kinder. Sein neuer Spagat zwischen mehreren Standorten ist nicht zuletzt der Bundespolitik geschuldet. Die sieht mit der Krankenhausreform vor, dass sich die einzelnen Standorte mehr spezialisieren. "Wir möchten uns Chefarzt übergreifend im ganzen Konzern aufstellen", sagt Weiler.

Davon sollen auch die Patienten profitieren. Mit der "interventionellen Endoskopie" könne man beispielsweise bei einem Abszess im Magen durch das Endoskop eine Drainage legen und das Abszess somit entlasten. Früher hätte man dafür den Bauch aufschneiden müssen. Auch Patienten mit Krebserkrankungen im Magen-Darm-Bereich sollen so in Zukunft umfassend in Starnberg versorgt werden können. Das Ziel sei, sich im Jahr 2025 als Darmkrebszentrum zertifizieren zu lassen. Hierzu werden nicht nur Gastroenterologen, sondern auch Viszeralchirurgen, Pathologen und Onkologen benötigt.

Daher wurde kürzlich das medizinische Versorgungszentrum (MVZ) der Onkologie von Starnberg übernommen. In wöchentlich stattfindenden Tumorkonferenzen wird die Behandlung der Patienten im Team besprochen. Es sei gut, dass hier eine Infrastruktur entstanden sei, "die es sehr begünstigt, dass komplexe Krebserkrankungen hier in einem Expertenteam behandelt werden können", sagt Anz.

Auch der Standort in Herrsching soll in die neuen Strukturen eingebunden werden. Im dortigen MVZ werden aktuell viele ambulante Leistungen im gastroenterologischen Bereich erbracht. Diese sollen nun mit den stationären Leistungen in Starnberg verknüpft werden. So sollen sich die Standorte ergänzen, jeder Patient vom zuständigen Spezialisten behandelt werden. Früher, sagt Weiler, konnte ein Internist einen Herzinfarkt behandeln, aber genauso gut eine Magen- oder Darmspiegelung durchführen. "Heutzutage braucht man für alles einen Spezialisten", so der Klinikchef.

Für seinen Chefarzt im Pendelmodus beginnt nun zugleich eine Art Rückkehr in heimatliche Gefilde: Als gebürtiger Hechendorfer kennt er das Fünfseenland.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusRoboter im Altersheim
:"Hallo Elisabeth, hast du einen schönen Tag bisher gehabt?"

Roboter Navel hat Kulleraugen, kann sprechen - und die Seele streicheln: In einem Herrschinger Altersheim läuft ein Experiment. Kann der Roboter die Pflege revolutionieren?

Von Viktoria Spinrad (Text), Nila Thiel und Robert Haas (Fotos und Videos)

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: