Die Operationssäle in Starnberg und Seefeld hat Georg Gradl schon genutzt. Seitdem der neue Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie Anfang April am Klinikverbund begonnen hat, standen unter anderem zwei komplexe Fußoperationen, eine Revisionsprothese am Knie, Eingriffe an der Wirbelsäule wegen Engstellen oder Frakturen, ein Beckenbruch und eine komplizierte Hüftoperation, bei der ein künstliches Gelenk ausgetauscht werden musste, auf dem Programm. "Da war fast alles dabei", konstatiert der Traumatologe. Beeindruckt sei er über das kompetente Team, das ihn "sehr offen" an den Landkrankenhäusern erwartet hatte. "Die sind einfach gut."
Newsletter abonnieren:SZ Gerne draußen!
Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.
Der Geschäftsführer des Klinikverbunds, Thomas Weiler, hatte im vergangenen Jahr seine ganze Überredungskunst aufgeboten, um den Professor vom Klinikum Harlaching nach Starnberg zu holen. Die Neubesetzung der Chefarztstelle war notwendig geworden, da der langjährige Leitende Arzt der Seefelder Unfallchirurgie, Rudolf Frank, im Juni in den Ruhestand gehen wird. "Ein Menschenfänger" sei Weiler, sagt Gradl bei einem Pressetermin. Die Aussicht, seine "Schule" am neuen Standort zu etablieren, bei der Planung und Realisierung der neuen Klinik in Herrsching mitzuwirken und die neuen Strukturen für den Klinikkonzern, die Weiler umsetzen möchte, hätten ihn überzeugt. Außerdem konnte er zwei weitere Ärzte, "meine beiden besten Männer", Martin Sailer und Jürgen Kranbach, mitnehmen.
Von dem Stress, der mit dem Klinikneubau in Herrsching verbunden sein wird, lässt sich Gradl nicht abschrecken. "Neubauten sind scheinbar mein Schicksal", erklärt er. Sowohl in seiner früheren Wirkungsstätte an der Uniklinik Rostock (bis 2014) als auch in Harlaching hätte es riesige Baumaßnahmen gegeben.
Mit der Neubesetzung werden im Klinikverbund neue Strukturen eingeführt. Es soll jeweils nur einen Chefarzt geben, der konzernweit in seinem Fachgebiet sowohl für Starnberg als auch Seefeld zuständig sein wird. Dadurch soll es standardisierte Abläufe, Synergieeffekte und weniger Abstimmungsprobleme geben. Gradl wird an beiden Standorten präsent sein.
Gradl trägt den Trend zur schnellen Prothese nicht mit
Seine Schwerpunkte stehen für Gradl bereits fest. Schwerverletzte, Unfallopfer und Menschen mit komplexen Frakturen. Außerdem nennt er die Hand- und Fußchirurgie als sein "Kolibrithema". In Harlaching seien immer wieder Problemfälle zu ihm geschickt worden. Das erwartet er auch in Starnberg. Dabei greift er durchaus nicht immer zum Skalpell. "Gelenke so lange wie möglich zu erhalten, ist das absolute Ziel", versichert er - egal, ob es sich um Rückenleiden oder diabetische "offene" Füße handelt. Den Trend zur schnellen Prothese werde er jedenfalls nicht mittragen. "Ein gutes Ergebnis bedeutet für mich, dass der Patient zufrieden ist." Dass nach einer Operation die Beschwerden zunehmen und weitere OPs folgen müssen, sei nämlich gar nicht so selten.
Einen Fokus möchte der 54-Jährige auf ältere Patienten mit Knochenbrüchen legen und die Alterstraumatologie ausbauen. Sie sollen nach einem Krankenhausaufenthalt wieder in ihre eigenen vier Wände zurückkehren und nicht ins Pflegeheim müssen. Gradl ist außerdem wissenschaftlich aktiv. Er hat 139 Publikationen verfasst und zwölf Patente angemeldet. Noch fährt der verheiratete Vater von vier Söhnen von Baldham im Landkreis Ebersberg nach Starnberg, "aber ich schaue mich hier schon um", so der Hobbysegler.