Hitzetod:Wenn das Auto zur Sauna wird

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Das qualvolle Ende eines Hundes in Starnberg beschäftigt Tierliebhaber, Veterinäre und Experten.

Von Christian Deussing, Starnberg

Der qualvolle Hitzetod eines Hundes, der laut Polizei am Dienstagnachmittag mindestens eine halbe Stunde in einem Auto in Starnberg eingesperrt war, empört die Bürger. Zumal die Fenster des in der Sonne an der Possenhofener Straße geparkten Wagens nur einen Spalt geöffnet waren. Die Olde English Bulldogge starb später in der Tierklinik Weilheim. Die Ärzte hatten keine Chance mehr, das Leben des schon apathischen Hundes, der einer 42-jährigen Pöckingerin gehörte, zu retten.

Man dürfe grundsätzlich keinen Hund bei Sommerhitze im Auto zurücklassen, sagt der Starnberger Amtstierarzt Stefan Gantke. Der Hitzetod der Olde English Bulldogge beschäftigt auch den Hunde-Sachverständigen Anton Fichtlmeier aus Berg. Viele Leute realisierten wohl nicht, dass nach dem Aussteigen die Temperatur in nur wenigen Minuten schnell ansteigt und sich das Auto schon nach etwa 20 Minuten "in eine Sauna ohne Luftzirkulation verwandeln" könne, warnt Fichtlmeier. Diese Gefahr werde auch deshalb oft unterschätzt, weil meistens noch kurz zuvor die Klimaanlage das Auto angenehm abgekühlt habe.

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Die besagten Bulldoggen seien ohnehin bei Hitze im Auto wegen ihrer Statur und der kurzen Schnauze gefährdet, zudem habe die Rasse kaum Fell und die Hitze dringe direkt durch die Haut, erläutert der Gutachter. Offenbar habe das Gehirn des Hundes wegen der extremen Temperaturen im Fahrzeug "wohl nicht mehr mitgemacht und das System lahmgelegt", vermutet Fichtlmeier. Er rät dazu, in kritischen Situationen sofort die Beine und Ohren des Tiers zu kühlen und zu benässen, was wie eine "Verdunstungsabkühlung" wirke. Der Experte verweist zudem darauf, dass die Sonne nachmittags tiefer stehe und direkt ins geparkte Auto scheine. Um sich vorzustellen, wie heiß es dann im Wagen werde, sollte mal eine CD aufs Armaturenbrett legen und sehen, wie die sich verbiege, so Fichtlmeier. Überdies würde oft vergessen, dass "die Sonne wandert und das Auto plötzlich nicht mehr im Schatten steht".

Hundeexperte Anton Fichtlmeier betont, dass viele die Gefahr unterschätzten. (Foto: Privat)

Das betont auch Christine Hermann, Leiterin des Tierheims Starnberg. Die Menschen verschätzten sich, und wenn sich auch der nur kurz geplante Einkauf wegen einer Schlange an der Kasse verlängere, könnte es schon zu spät sein. Die Tierschützerin rät dazu, bei Gefahr im Verzug den Halter des im Auto hechelnden Hundes im Supermarkt ausrufen zu lassen oder die Scheibe des Autos einzuschlagen und sofort die Polizei zu alarmieren. Dass die Beamten so schnell die Hundehalterin in Pöcking ausfindig gemacht haben, begrüßt Hermann. Denn solch ein Verhalten sollte konsequent verfolgt werden - zumal die Besitzerin der Bulldogge auch wissen müsse, dass diese Hunderasse nicht über einen "stabilsten Kreislauf" verfüge. Konkrete Angaben zu dem gestorbenen Hund sind nicht zu erhalten, weil sich die Tierklinik Weilheim auf den Datenschutz beruft. Klar ist: Die Halterin des verstorbenen Hundes erhält eine Strafanzeige wegen Vergehens gegen das Tierschutzgesetz.

Gutachter gehen davon aus, dass sich bei Hitze die Temperatur in geparkten Autos binnen kurzer Zeit auf 35 Grad Celsius erhöht - und schon nach etwa 15 Minuten die Leidenszeit und der Hitzestress für Hunde beginnt.

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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