Starnberg/Grainau:Neue Einsichten auf der Zugspitze

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Eine 40-köpfige Delegation der Kreispolitik informiert sich im Schneefernerhaus über die Klimaforschung

Von Michael Berzl, Starnberg/Grainau

Ein eiskalter Wind pfeift über die leeren Terrassen, auf den verwaisten Tischen liegen an diesem Vormittag mitten im Juli drei Zentimeter Neuschnee. Vom Eibsee, geschweige denn vom Starnberger See, ist wegen des dichten Nebels nichts zu erkennen. Das Starnberger Landratsamt hat für seine Informationsfahrt diesmal einen ungünstigen Tag erwischt; aber die Kreisräte sowie Vertreter der Kreisverwaltung sind ja auch nicht mit der neuen Gondel auf die Zugspitze gekommen, um eine schöne Aussicht zu genießen. Sie scheuen auch weite Wege nicht, um sich an Ort und Stelle mit verschiedenen Aspekten von Umweltpolitik über den Klimawandel bis hin zur Energiewende auseinanderzusetzen.

In der Forschungsstation im Schneefernerhaus lässt sich die Besuchergruppe aus Starnberg erklären, was die Forscher dort alles messen. (Foto: Michael Berzl)

So geht es am Tag nach der jüngsten Sitzung des Kreis-Umweltausschusses zur Forschungsstation im Schneefernerhaus auf Deutschlands höchstem Berg und nach einem kleinen Abstecher nach Innsbruck zum Walchenseekraftwerk, wo sehr umweltverträglich Strom produziert wird. Zur 40-köpfigen Reisegruppe gehören außer den Kommunalpolitikern aus verschiedenen Fraktion und Mitarbeitern des Landratsamts auch Vertreter der Energiegenossenschaft Fünfseenland und der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis. Landrat Karl Roth (CSU) ist ebenso dabei wie seine beiden Stellvertreter Georg Scheitz (CSU) und Tim Weidner (SPD).

Die Aussicht beim Walchenseekraftwerk ist beeeindruckend. (Foto: Michael Berzl)

"Bei schönem Wetter rauffahren kann ja jeder", scherzt Roth, als er von der Talstation der Zugspitzbahn hinauf in Richtung Gipfel späht, aber wenig erkennen kann, nur die dicken Tragseile, die im Nebel zu enden schienen. Und dann stehen sie da auf der Terrasse des Schneefernerhauses und lassen sich von dem Geophysiker Till Rehm erklären, was die Wissenschaftler dort alles machen. Vor allem messen sie. Temperaturschwankungen im Permafrost zum Beispiel, die UV-Strahlung auf knapp 3000 Metern Höhe oder den Feinstaub in der Luft. Außerdem die Radioaktivität. Da sind auf Diagrammen zum Beispiel die Auswirkungen der Reaktorkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima zu erkennen oder auch Pollenflug in jüngerer Vergangenheit, wenn das in den Bäumen eingelagerte Cäsium wieder frei wird. Zu den zahlreichen Apparaturen dort oben zählen unter anderem eine Pollenfalle und ein Gerät, das Regentropfen in einer Wolke beobachten kann. Rehms Aufgabe ist es, diese Gerätschaften zu überwachen und auch einmal zu reparieren. Für die Besucher aus Starnberg leitet er einen lehrreichen Rundgang.

Das Wetter ist schlecht, doch Landrat Karl Roth nimmt es mit Humor. (Foto: Michael Berzl)

Nach einem Zwischenstopp in Innsbruck geht es am nächsten Tag weiter zum Walchensee, wo die Besuchergruppe Zusammenhänge von Wasserkraft und den alternativen Energien im eigenen Landkreis kennenlernt. Wenn zum Beispiel das Solarfeld bei Oberbrunn bei bedecktem Himmel weniger Strom liefert oder die Windräder bei Berg bei Flaute stillstehen, können die Turbinen zwischen Walchensee und Kochelsee eine wichtige Rolle als ausgleichender Faktor übernehmen, wie der Uniper-Sprecher Theodoros Reumschüssel erläutert. "Da braucht es Kraftwerke, die steuerbar sind", erklärt er der Besuchergruppe bei einem Rundgang.

Der Kreistag unternimmt schon seit einigen Jahren solche meist zweitägigen Fahrten. Kommunalpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter waren so schon in Dresden und Bad Dürkheim, haben sich in Meran erklären lassen, wie eine Marke für eine Urlaubsregion entwickelt wird, und in Konstanz, wie man eine Stadt fahrradfreundlich gestaltet. Eine letzte Fahrt unter der Ägide von Landrat Roth, der bei der Kommunalwahl im März nicht mehr kandidiert, soll es im kommenden April noch geben. Als er das auf der Heimfahrt im Bus ankündigt, gibt es Applaus. Das Ziel ist noch nicht bekannt.

© SZ vom 15.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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