Starnberg/Gilching:Dauerstreit unter Nachbarn

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Mehrfach Vorbestrafter kommt diesmal glimpflich davon

Von Armin Greune, Starnberg/Gilching

Ein rauer Umgangston muss in dem Wohnblock geherrscht haben. Regelmäßig sollen sich die Mieter lautstark angegiftet haben: Vier Mal habe er seine Nachbarin schon bei der Polizei angezeigt, weil sie ihn "über Monate hinweg ständig provoziert" habe, sagte ein 52-jähriger Arbeitsloser vor dem Starnberger Amtsgericht aus. Dort aber stand er nicht als Zeuge, sondern als Beschuldigter: Der Anklageschrift zufolge sollte der mehrfach vorbestrafte Mann der jungen Mutter mit der Faust ins Gesicht geschlagen und gegen den Oberkörper getreten haben. Am Ende der Verhandlung aber hatte Richterin Christine Conrad so starke Zweifel an der Aussage der angeblich Geschädigten, dass sie das Verfahren vorläufig einstellen ließ: Wenn der Angeklagte 300 Euro an den Tierschutzverein überweist, ist die Sache diesmal für ihn ohne weitere Konsequenzen ausgestanden.

Von den Tatvorwürfen hatte der Angeklagte lediglich eine kurze Beleidigung eingeräumt und das auch erst, nachdem auch eine mit ihm befreundete Zeugin die Vorfälle bestätigte hatte. Alle Tätlichkeiten aber bezeichnete der 52-Jährige in der Verhandlung als "Falschaussagen". "Ich weiß doch, was für mich auf dem Spiel steht; so dumm bin ich nicht", beteuerte der Gilchinger im Hinblick auf sein umfangreiches Strafregister.

Immer wieder hätte ihn die 23-jährige Nachbarin verhöhnt und beleidigt, ständig sei ihm Unrat vor die Haustür gekippt worden, erzählte er. Zur gewalttätigen Auseinandersetzung aber kam es in Gilching erst an jenem Märztag 2015, nachdem er endlich eine andere Wohnung zugesichert hatte und bereits mit dem Umzug beschäftigt war. Als er dabei an der benachbarten Wohnung vorbeikam, sei die 23-Jährige mit ihren beiden Kindern und der Schwester in der offenen Tür gestanden, um ihn erneut zu verspotten. "Das hat mich genervt, weil ich sowieso von einer Kolik so fertig war", sagte der Angeklagte: Da sei ihm wohl das Schimpfwort herausgerutscht.

Die 23-Jährige gab in ihrer Zeugenaussage allerdings an, der Mann habe "bei jedem Vorbeigehen Beleidigungen geschrien", an jenem Tag aber ohne weiteres Vorgeplänkel unvermittelt mit der Faust zugeschlagen. Sie habe davon ein blaues Auge in der linken Gesichtshälfte davongetragen, sagte sie vor Gericht aus. Conrad stellte freilich fest, dass die Geschädigte in der Vernehmung durch die Polizei damals angegeben hatte, an der rechten Schläfe verletzt worden zu sein. Außerdem hatte die 23-Jährige damals noch gesagt, sie sei vor dem Hieb erst geschubst, beleidigt und dann getreten worden. "Ich weiß es nicht mehr", meinte die junge Frau nun aber. Sie erinnerte sich aber noch daran, dass sie den 52-Jährigen "schon mal angespuckt hatte, ich musste ja meine Kinder verteidigen".

Drei weitere Zeugen konnten zwar nichts zum eigentlichen Tatgeschehen beitragen, schilderten aber andere lautstarke Konflikte zwischen den Kontrahenten. Die Hausverwalterin berichtete über ständige Beschwerden über Kleinigkeiten, die aber seit dem Auszug des 52-Jährigen aufgehört hätten. Und ein Polizist sagte aus, er habe eine Rötung an der Schläfe der 23-Jährigen bemerkt und eine beschädigte Brille vorgelegt bekommen. Der Beschuldigte aber habe sich "wenig kooperativ" gezeigt. Der Mann sei offenbar angetrunken gewesen, habe jedoch einen Alkoholtest verweigert.

Für den Nachweis der Körperverletzung reichten die Beweise nicht aus, befand Amtsrichterin Conrad schließlich. Der 52-Jährige nahm die Geldauflage an und versicherte, er wolle sich nicht mehr vor Gericht blicken lassen: "Ich bin ein anderer Mensch geworden, seitdem ich trocken bin."

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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