Hetze im Netz:Starnberger soll Impfärztin im Internet bedroht haben

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Zum Gedenken an die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr stehen am Taubenmarkt in Linz brennende Kerzen. (Foto: Wolfgang Simlinger/Imago)

Nach dem Suizid einer Medizinerin in Österreich ermittelt der Generalstaatsanwaltschaft gegen den 59-jährigen Geschäftsmann.

Von Christian Deussing, Starnberg

Hass-Botschaften und Morddrohungen von Impfgegnern und Corona-Leugnern haben die österreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr in den Tod getrieben: Die verzweifelte Medizinerin nahm sich vor vier Wochen das Leben. Noch einige Wochen vor dem Suizid hatte die 36-Jährige einen anonymen Tweet veröffentlicht, der den Ermittlungen zufolge ein 59-jähriger Starnberger im Netz verbreitet haben soll. Der Text: "Wir beobachten Sie, und wir werden solche Kreaturen vor die in Zukunft einzurichtenden Volkstribunale bringen!"

Dadurch geriet der Geschäftsmann in den Fokus der Polizei und der Strafverfolger. Die Generalstaatsanwaltschaft München zog den Fall an sich und durchsuchte mit Kripobeamten aus Fürstenfeldbruck die Wohnung des verdächtigen Starnbergers. Gegen ihn wird jetzt wegen Bedrohung und Nachstellung ermittelt. Bei dem Mann seien ein Laptop, ein Computer und ein Mobiltelefon sichergestellt worden, berichtet Klaus Ruhland, Sprecher der Münchner Generalstaatsanwaltschaft. Die Auswertung der Datenträger werde voraussichtlich vier bis sechs Wochen dauern, wobei man eng mit der österreichischen Staatsanwaltschaft in Wels zusammenarbeite. Diese habe noch eine größere Datenmenge aufzuarbeiten, die mit dem Hate-Speech-Fall Kellermayr zu tun hätten, so Ruhland.

Hass und Hetze im Netz sollen effektiv bekämpft werden

Nach dessen Angaben habe sich der Beschuldigte bei der Durchsuchung seines Anwesens kooperativ gezeigt. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte auch, dass der Starnberger der Justiz nicht unbekannt sei und unter anderem wegen Diebstahls, Betrugs, Untreue und Körperverletzung vorbestraft sei. Diese Straftaten lägen aber bereits mehr als zehn Jahre zurück, betont Ruhland. Mit dem jetzigen Fall befasst sich eine Hate-Speech-Expertin der Generalstaatsanwaltschaft, die bayernweit Hass und Hetze im Netz effektiv und schlagkräftig bekämpfen soll.

Der tragische Tod der Impfärztin Kellermayr macht auch den Pandemie-Koordinator im Landkreis Starnberg, Bernhard Junge-Hülsing, betroffen. Es sei verwundert, dass es sich bei dem Hetzer im Internet um einen Starnberger handeln solle. Junge-Hülsing berichtet, dass er bisher von Hass-Postings oder Bedrohungen verschont geblieben sei. Es habe nur vereinzelte Beleidigungen gegeben, unter anderem von einer Person aus Ochsenhausen bei Biberach. Es sei erschütternd, was der Ärztin in Österreich widerfahren sei, sagt Junge-Hülsing, der auch Vizepräsident der Bayerischen Landesärztekammer ist. Er rate Kollegen, die zum Beispiel von Impfgegnern diffamiert werden und unter Druck gerieten, auch bei Bezirksregierungen psychosoziale Unterstützung anzufordern und Hilfe zu holen.

Der Starnberger Facharzt wirbt weiterhin für Impfungen gegen das Corona-Virus, die nachweislich vor Infektionen, zumindest aber vor schweren Krankheitsverläufen schützten. Er kläre jeden Impfgegner und -skeptiker darüber auf und versuche, sie sachlich zu überzeugen. So kämen immer noch fünf bis zwölf Patienten pro Woche in seine Praxis, um sich erstmals gegen Covid impfen zu lassen. Er hoffe aber, dass es bald noch mehr werden, sagt Koordinator Junge-Hülsing.

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