Starnberg:Für den Kirchplatz nach China

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Der Stadtbaumeister fliegt auf Kosten der Steuerzahler um die halbe Welt, um Granit im Steinbruch auszusuchen.

Sabine Bader

Der Starnberger Stadtbaumeister ist um den halben Globus geflogen, um Granitplatten für den neuen Kirchplatz auszusuchen. Wie die SZ erfahren hat, jettete Stephan Weinl vor gut zwei Wochen auf Kosten der Steuerzahler gemeinsam mit Architekt Andreas Kicherer nach China. Weinls Flug- und Hotelkosten in Höhe von mehr als 5000 Euro bezahlte die Stadt, wie Sprecher Karl-Heinz Springer am Montag auf Anfrage bestätigte. Kirchplatz-Planer Kicherer sei indes auf Kosten der Lieferfirma gereist, sagte Springer.

Flagge von China Staatsflagge der Volksrepublik China 2007 (Foto: Bildarchiv Probst)

Im vergangen Dezember hatte der Stadtrat nach einer europaweiten Ausschreibung dem preisgünstigsten Plattenlieferanten, der Firma Besco Berliner Steincontor GmbH, den Zuschlag erteilt: Das Unternehmen importiert Granit aus chinesischen Steinbrüchen. Das wusste der Stadtrat bei der Vergabe. "Wir hatten Sorge, ob von dort auch wirklich das Richtige geliefert wird", sagte Springer. "Einfach zu bestellen, das erschien uns als zu riskant." Zumal auch noch die Zeit drängt. Denn bis Dezember müssen die Schlussrechnungen für den umgebauten Platz erstellt sein, sonst sind die rund 600000 Euro aus dem staatlichen Konjunkturpaket II futsch. "Wir können die Platten also nicht seelenruhig mit dem Schiff zurückschicken, wenn sie uns nicht gefallen", argumentiert Springer.

Insgesamt vier Steinbrüche hätten der Vertreter der Stadt und der Architekt während ihres fünftägigen Trips besucht und letztlich die Granitsteine an Ort und Stelle bestellt. Die Reise des Stadtbaumeisters kam nicht bei allen Kollegen im Rathaus gut an: "Es hat schon böses Blut gegeben", räumte Springer ein. Er bekräftigte aber noch einmal, dass man sich ganz bewusst für diesen Schritt entschieden habe. "Es erschien uns als die beste Idee angesichts der Zeitnot und der hohen Summe aus dem Konjunkturpaket, die hier im Feuer steht."

Wie berichtet, war dem Kirchplatzumbau ein europaweiter Wettbewerb vorausgegangen. Gewinner war das Münchner Architektenbüro Erdmann + Kicherer. Auf SZ-Anfrage sagte Kicherer: "Die Stadt hat die Reise organisiert, und die Firma Besco hatte uns dringend dazu geraten", sagte er. "Ich war anfangs auch skeptisch, aber dann stellte sich heraus, dass es sehr sinnvoll war. Wäre natürlich mehr Zeit gewesen, hätten wir uns stattdessen Muster schicken lassen können."

Der Umbau des rund 4200 Quadratmeter großen Platzes wird mindestens 1,8Millionen Euro kosten. Und schon seit Beginn der Arbeiten zeichnet sich ab, dass das Vorhaben - abzüglich kleinerer Einsparungen - um 64 000 Euro teurer werden wird als ursprünglich geplant. Das liegt vor allem daran, dass es zwischen Platz und darunter befindlicher Tiefgarage bisher noch kein Entwässerungssystem gibt. Da die Stadt jedoch keineswegs im Geld schwimmt, haben die Stadträte noch vor Baubeginn nach Einsparungsmöglichkeiten gesucht. Sogar um Sponsoren für die Bänke bemühte man sich - ein Sparpotenzial von rund 30 000 Euro. Über die Chinareise ihres Stadtbaumeisters und die damit verbundenen Kosten hatte man das Gremium allerdings nicht informiert.

© SZ vom 15.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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