Starnberg:Die Bahn macht Druck

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Stillstand am Bahnhof See: Umbaupläne liegen auf Eis, eine städtische Projektgruppe ist auf Konfrontationskurs zur Deutschen Bahn gegangen. (Foto: Georgine Treybal)

Den Zugang zum See will die Stadt Starnberg schöner gestalten. Eine wichtige Rolle spielen dabei der Bahnhof und ein alter Vertrag. Bis Ende November soll sich das Rathaus dazu äußern

Von Peter Haacke, Starnberg

Die " Seeanbindung" gilt als wichtigstes städtebauliches Projekt Starnbergs - eine Herausforderung, die der Kreisstadt für die nächsten Jahrzehnte an zentraler Stelle am Bahnhof See ein neues Gesicht geben wird. Grundlage für dieses komplexe Vorhaben ist ein 1987 geschlossener Vertrag zwischen der Stadt Starnberg und der Deutschen Bahn AG (DB), der bereits schrittweise verwirklicht worden ist.

Doch seit den Kommunalwahlen im April 2015 wächst die Verunsicherung bei der Bahn, ob die Stadt ihre vertraglich zugesicherten Verpflichtungen einhalten will. Nachdem sich die Verantwortlichen im Konzern lange zurückgehalten haben und stets von einer Vertragserfüllung der Stadt ausgegangen sind, scheinen sich nun Zweifel daran zu mehren: Bereits im September hat sich die DB Netz AG mit einem Schreiben bei Starnbergs Bürgermeisterin Eva John in Erinnerung gebracht und erhöht nun den Druck: Die Stadt soll bis 30. November schriftlich erklären, "ob sie den Vertrag zu erfüllen gedenkt oder nicht".

Die Stadt schlägt ein Angebot der Bahn aus

Der Ausgangspunkt für das Schreiben der DB liegt bereits einige Monate zurück: Am 16. Juli tagte erstmals der "Projektausschuss Bahnhof See", um sich mit Details des Vorhabens zu befassen. Einer der Tagesordnungspunkte betraf die "Verkehrliche Aufgabenstellung" (VAST) - ein verbindliches Verfahren für die Umsetzung der geplanten Infrastruktur, das die verkehrstechnischen Rahmenbedingungen zwischen Stadt, DB und Bayerischer Eisenbahngesellschaft (BEG) einvernehmlich und verbindlich nach festgelegten Kriterien für den Umbau der Bahnhöfe See und Nord regeln sollte. Die Bahn hatte der Stadt sogar angeboten, bei der Sitzung persönlich anwesend zu sein, um Fragen zum Projekt, zur Vorgehensweise und zur Haltung der Bahn erläutern zu können. Doch dieses Angebot schlug die Stadt aus.

Stattdessen nahm das Gremium die Ausführungen zur Kenntnis. Die VAST nennt als Ziele unter anderem die Schaffung freier Flächen im Bereich der Uferpromenade, eine städtebauliche Aufwertung der Verbindung von der Stadt Starnberg zum See, die baulichen Voraussetzungen für die Bedienung der Station Starnberg Nord durch Regionalzüge, eine Erhöhung der Geschwindigkeit im Bahnhof Starnberg See auf 80 Stundenkilometer sowie die Erfordernisse für die Gleise.

Überraschend verweigerte der Ausschuss dann aber - entgegen der Empfehlung der Verwaltung - die Zustimmung zur Unterzeichnung durch die Bürgermeisterin, obwohl die in der VAST getroffenen Festlegungen zu den betrieblichen Erfordernissen der Bahn auch "im Einklang zu den bisherigen Planungen der Stadt Starnberg" standen. Insbesondere die Vertreter aus BMS, WPS, FDP und BLS, aber auch die CSU aus anderen Gründen, stimmten dagegen - und ließen bei der DB ernste Zweifel aufkommen.

"Das Ergebnis der Sitzung begründet bei der Deutschen Bahn AG die Besorgnis", heißt es im Schreiben, "dass die Stadt Starnberg die mit der Deutschen Bahn AG geschlossenen Verträge, die teilweise schon umgesetzt worden sind, nicht erfüllen will". Diese These stützt auch ein Antrag, den Annette von Czettritz (Grüne) auf den Weg gebracht hatte: Die Stadtverwaltung soll in Erfahrung bringen, welche Kosten auf die Stadt zukommen bei Nichterfüllung des Vertrags.

Der Konzern muss auf sein Vermögen achten

Die DB schreibt dazu: "Im Vertragsverhältnis zu uns (...) ist dies eine kaum mehr verhüllte Erfüllungsverweigerung und auf jeden Fall jetzt schon ein Verstoß gegen die Leistungstreuepflicht". Weiterhin machen die beiden Unterzeichner - Erich Brzosa und Heiko Hamann (beide DB Netz AG) - darauf aufmerksam, dass der Konzern dem "Verbot der Verschwendung von Gesellschaftsvermögen" unterliegt, anvertrautes Vermögen "nicht nutzlos hingeben" darf und "auf gegebene Rechte nicht leistungslos verzichten" wird.

Interpretiert man dies zwischen den Zeilen, so wird deutlich: Die Bahn wird einen Ausstieg Starnbergs aus dem Vertrag juristisch nicht klaglos akzeptieren und aller Voraussicht nach Schadenersatz geltend machen. Zudem werden von der Bahn nicht benötigte Grundstücke nicht etwa zu Freundschaftspreisen an die Stadt Starnberg, sondern zu Höchstpreisen an den Meistbietenden veräußert. "Aus diesem Grund verfolgen wir den Anspruch auf Erfüllung des Vertrags weiter", lässt die DB unmissverständlich wissen.

John wollte sich auf Anfrage nicht zum Brief der Deutschen Bahn AG äußern.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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