Bahnvertrag und Seeanbindung:Stadt und Bahn einigen sich nach 35 Jahren

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Im Fokus: Der Starnberger Seebahnhof mit dem Vergnügungslokal Undosa im Hintergrund. Die Bahngleise sollen verlegt werden. Die Grundlage dafür bildet ein 35 Jahre alter Vertrag, der bis heute nur teilerfüllt ist. (Foto: Franz Xaver Fuchs/Starnberger SZ)

Die Schadenersatzklage über 170 Millionen Euro scheint hinfällig zu sein. Unklar bleibt vorerst, welchen Preis die außergerichtliche Einigung für die Stadt Starnberg hat und wohin die benötigte Gleisanlage kommt.

Von Peter Haacke, Starnberg

Wie ein Damoklesschwert hing eine Schadenersatzklage über 170 Millionen Euro über der Stadt Starnberg, doch nun scheint es eine Einigung zu geben: Nach intensiver, knapp zweijähriger Verhandlungszeit haben sich die Stadt Starnberg und die Deutsche Bahn AG (DB) auf einen außergerichtlichen Vergleich geeinigt, teilt die Starnberger Stadtverwaltung mit. Zur Beendigung der Schadenersatzklage, die im Dezember 2019 vom Staatskonzern eingereicht worden war, ist die Einigung am 22. Dezember notariell beurkundet worden. Der Stadtrat hatte dem Vertragsentwurf bereits am 12. Dezember mit nur einer Gegenstimme zugestimmt. Über die noch erforderliche Zustimmung des DB-Vorstandes soll allerdings erst im Januar 2023 entschieden werden.

Aus Sicht von Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) konnte nach knapp zweijähriger Verhandlungszeit somit "ein für alle Seiten zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden mit dem Ziel, den Bahnhof nach aktuellen Erfordernissen - insbesondere im Hinblick auf Barrierefreiheit - umzubauen und die Flächen, die nach dem Umbau von Bahnanlagen frei werden, optimal städtebaulich zu behandeln", heißt es in der Pressemitteilung. Auch im Hinblick auf die Finanzierung, einer der entscheidenden Punkte der Verhandlungen, sei ein Weg gefunden worden, der den Parteien eine Einigung ermöglicht habe. Ob dieser Weg tragfähig ist, muss das kommende Jahr zeigen.

Sämtliche Gespräche und eine Mediation mit der Deutschen Bahn blieben seit 2015 erfolglos

Die DB hatte ihre Klage gegen die Stadt Starnberg eingereicht, nachdem sämtliche Versuche einer Einigung gescheitert waren. Ausgangspunkt war der Bahnvertrag von 1987 mit einer Laufzeit von 30 Jahren, der im Wesentlichen eine Übereignung nicht benötigter Bahngrundstücke sowie des historischen Bahnhofgebäudes am See an die Stadt vorsah. Im Gegenzug hatte die Stadt den Bahnhof Nord erstellt und sich zum Umbau der Gleisanlagen am Bahnhof See verpflichtet.

Der Kontrakt blieb aber nur teilerfüllt. Seit 2015 drängte der Stadtrat auf Gespräche mit der Deutschen Bahn, doch die damalige Bürgermeisterin Eva John (jetzt: Pfister) ignorierte oder verzögerte wiederholt die Aufträge. Sie folgte stattdessen dem Credo des Vereins "Schöner zum See", der behauptete, der Bahnvertrag habe keine Relevanz und das Auslaufen der Frist bleibe ohne Folgen - ein fataler Irrtum. Erst kurz vor Ablauf der im Bahnvertrag genannten 30-jährigen Frist konnte im Dezember 2017 als Notlösung ein Streitschlichtungsverfahren mit Mediation vereinbart werden, um eine Schadenersatzklage der DB zu vermeiden.

Doch auch diese Gespräche blieben erfolglos. Die Mediation mit aufschiebender Wirkung zu dem seit mehr als 30 Jahren schwelenden Thema sei nach 15 Sitzungen gescheitert, teilte ein Bahnsprecher im Juli 2019 entnervt mit. Kurz darauf reichte die DB eine Schadenersatzklage gegen die Stadt über 170 Millionen Euro ein.

Starnberger See, Alpenpanorama und Bahnhof um die Jahrhundertwende: Deutlich erkennbar ist die Abtrennung der Stadt vom See durch die Bahngleise - ein historischer Sündenfall. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Was Starnberg zur Vermeidung der Klage leisten muss, wird sich noch herausstellen

Bürgermeister Janik zeigt sich nun optimistisch. "Auch, wenn klar ist, dass die jetzt gefundene Einigung mit der DB nur die halbe Miete ist, freue ich mich zunächst mal über diesen wichtigen Schritt." Janik ist insbesondere der Ansicht, "dass die jetzt gefundene technische Lösung ein Riesengewinn für die Stadt wäre". Er bedankt sich bei den Verhandlungspartnern auf Seiten der DB für die "zwar hart, aber immer fair und konstruktiv geführten Verhandlungen". Das Ergebnis will er im Rahmen einer Bürgerversammlung präsentieren. Vorab soll es zu Beginn des neuen Jahres ein Pressegespräch zu den wesentlichen Vertragsinhalten geben. Entscheidend aus Sicht der Starnberger ist die Kostenfrage und der genaue Standort des von der Bahn benötigten Wende- und Abstellgleises, das voraussichtlich am Südende der Stadt entstehen dürfte.

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