Starnberg:Das Ja-Wort - zum zweiten Mal

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Die gleichgeschlechtliche Ehe ist für Paare im Landkreis ein Anlass, ihre Liebe erneut zu bekunden. Probleme bereitet aktuell allerdings noch die Software in den Standesämtern.

Von Carina Seeburg, Starnberg

Seitdem sie Eheringe und einen gemeinsamen Namen tragen, sei ihre Liebe noch einmal gewachsen, sagt Stefan Palle-Binzer mit strahlenden Augen. Zwölf Jahre sind der 39-jährige Starnberger und Marek Palle, 42, bereits ein Paar. Dass sie ihr Leben gemeinsam verbringen möchten, wussten sie gleich. Aber heiraten im klassischen Sinne konnten sie bisher nach deutschem Recht nicht. Das war bis zum 1. Oktober 2017 heterosexuellen Paaren vorbehalten. Ihre Verpartnerung, wie es im Amtsdeutsch heißt, im Jahr 2010, haben sie dennoch gefeiert, als gäbe es diese Benachteiligung nicht. Dem feierlichen Ja-Wort im Spiegelsaal von Schloss Garatshausen folgte ein Fest mit 140 geladenen Gästen. Die Feier wollen sie in diesem Jahr nicht wiederholen, wohl aber ihr Ja-Wort, mit dem sie seit diesem Monat ihre Partnerschaft in eine Ehe umwandeln können, die der zwischen Mann und Frau gleichgestellt ist.

Viele Anfragen für Eheschließungen hat das Standesamt in Starnberg indes bis jetzt noch nicht bekommen. "Insgesamt drei Anträge zur Umwandlung einer bestehenden Verpartnerung und einer zur Eheschließung liegen derzeit in Starnberg vor", teilt Robert Schiebel, Leiter der Standesamtsaufsicht im Landratsamt, mit. Ähnlich sieht es in anderen Gemeinden im Landkreis Starnberg aus. In Gauting haben bisher drei Paare Anfragen zur Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft gestellt. Herrsching und Gilching verzeichnen zwei Anfragen, während in Tutzing nur eine Anmeldung zur Umwandlung gestellt wurde. Für Weßling teilt Christian Starke, Leiter des dortigen Standesamts, mit, dass es bislang keine Anfragen zur gleichgeschlechtlichen Eheschließung gegeben habe. Der große Andrang bei den Standesämtern bleibt also bisher aus.

Die Starnberger Nicolai Baehr und Robert Cramer feierten ihre Hochzeit 2010 in Holland. Seit dem 1. Oktober geht das auch im Fünfseenland. (Foto: , Romie Rutel-Harnisch)

"Wer möchte schon bei herbstlichen Schmuddelwetter den Tag feiern, auf den jahrelang gewartet und für den Jahrzehnte lang leidenschaftlich gekämpft wurde?", fragt Nicolai Baehr. Der Starnberger Architekt hat seinen Mann, den niederländischen Juristen Robert Cramer, 2002 bei einem Segeltörn auf dem Starnberger See kennengelernt. 2010 heirateten Baehr und Cramer in den Niederlanden in dem kleinen Städtchen Hattem. Gefeiert wurde die deutsch-niederländische Hochzeit mit einer großen Gästeschar aus Bayern, Frankreich, Belgien und der Schweiz. In Deutschland sind sie seither lediglich verpartnert. "Es wurde Zeit, dass sich da etwas tut", stellt Baehr fest.

Viele Jahre haben der Architekt Baehr und der Jurist Cramer sich für die Rechte von Homosexuellen eingesetzt. Aber: Die Gleichstellung von heterosexuellen und homosexuellen Paaren vor dem Gesetz sei ein Fortschritt, der nicht automatisch auch ein Umdenken in den Köpfen der Menschen mit sich bringe, so Baehr. Noch immer sei Schubladendenken weit verbreitet. Klischees würden weiterhin auch von den Medien bedient, die bevorzugt schillernde Gestalten und farbenfrohe Dragqueens zeigten. Diese gehörten ebenso dazu wie weniger auffällige Menschen, die nicht im Fokus der Berichterstattung stünden. Auch Fragen wie "Wer ist denn nun der Mann und wer die Frau in eurer Ehe?" zeigten, dass noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden müsse. Die Welt und ihre Menschen seien "bunt gefächert wie ein Regenbogen. Und viele von uns sind eben auch so spießig, dass wir gerne eine Ehe eingehen wollen", sagt Baehr freimütig. Ihr Ehegelöbnis werden Baehr und Cramer auf dem Starnberger Standesamt möglicherweise noch einmal wiederholen - jetzt, wo sie auch in Deutschland Ehepartner sein können. Aber eilig haben sie es nicht. "Vielleicht zu unserem zehnjährigen Hochzeitstag in zwei Jahren. Das werden wir noch sehen".

Seit zwölf Jahren gehen die Starnberger Stefan Palle-Binzer und Marek Palle gemeinsam durchs leben. (Foto: privat)

Dass das Interesse im Landkreis bisher sehr verhalten ist, kommt den Standesämtern der Gemeinden durchaus entgegen. Denn diese haben derzeit noch mit Softwareproblemen zu kämpfen: "Am Willen zur Umsetzung liegt es nicht", sagt Andreas Meier, Leiter des Standesamts Gilching.

"Die Anwendung der neuen Gesetzeslage gestaltet sich eher aus technischen Gründen schwierig. Das Verwaltungssystem kann gleichgeschlechtliche Ehepartner bisher nicht korrekt erfassen".

Bislang kann die Software nicht zwei Männer oder zwei Frauen als Paar eintragen. Jeweils ein Partner erscheint daher in der Datenbank mit falschem Geschlecht. Die Computersysteme müssen erst noch aktualisiert werden. Ein Hindernis für eine Heirat sei dies allerdings nicht, teilt Robert Schiebel auf Anfrage mit. Wer heiraten wolle, der könne sich auch jetzt schon bei den Standesämtern im Fünfseenland anmelden.

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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