Öffentlicher Raum:Was von "See and the City" übrig bleibt

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Zur Eröffnung des Modellprojekts "See and the City" am 15. Mai eroberten sich die Starnberger ein Stück ihrer Stadt am historischen Bahnhof zurück. Autofahrer mussten draußen bleiben. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Sommer geht - und damit endet nach fünf Monaten auch das umstrittene Starnberger Modellprojekt am Bahnhofsplatz. Doch manche Änderung hat sich durchaus bewährt. Ein Überblick.

Von Peter Haacke, Starnberg

Eines der umstrittensten Projekte der Stadt Starnberg war diesen Sommer zweifelsohne "See and the City": Der umgestaltete und zeitweise sogar komplett gesperrte Bahnhofsplatz in der Kreisstadt provozierte Gegner wie Befürworter der Aktion gleichermaßen. In den sozialen Netzwerken gab es angesichts überdimensionierter Blumenkübel, bunt bemalter Gehwege oder gesperrter Parkplätze erbittert geführte Debatten über Sinn und Unsinn der Aktion. Nicht zuletzt die Kosten des - vergleichsweise günstigen - Projektes in Höhe von rund 125 000 Euro standen in der Kritik.

Doch das Experiment, das seit Mitte Mai insbesondere den Versuch wagte, den überbordenden Autoverkehr zugunsten von Fußgängern und Radfahrern einzubremsen, endet nun nach rund fünf Monaten offiziell am 3. Oktober. Der Stadtrat zog am Montag ein erstes Fazit zu "See and the City". Zur Diskussion standen Vorschläge der Stadtverwaltung, welche verkehrsregelnden Änderungen in diesem zentralen Innenstadtbereich beibehalten werden könnten. In einem zweiten Schritt soll die Endauswertung auf Grundlage einer Fragebogenaktion und des Feedbacks von Fachstellen erfolgen. Bürgerinnen und Bürger sollen am 18. Oktober in einem Abschlussgespräch nach ihrer Meinung und ihren Wünschen für die zukünftige Gestaltung des Areals am Bahnhofplatz befragt werden, teilte Bürgermeister Patrick Janik mit. Hier das vorläufige Ergebnis:

Wo zuvor Kurzparker einen Stellplatz am Bahnhof fanden, befindet sich nun Starnbergs erster Schanigarten. Zuvor hatten Starnberger Schülerinnen und Schüler die Parkflächen bunt bemalt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Tempo 20

Die Temporeduzierung von 30 auf 20 Stundenkilometer soll im Bahnhofsbereich beibehalten werden - sehr viel mehr ist in Spitzenzeiten mit hohem Verkehrsaufkommen für Autofahrer ohnehin nicht drin. Der Bahnhofsplatz erfüllt aus Sicht der Verwaltung "auch außerhalb des Projekts die Voraussetzungen eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs". Auch die Starnberger Polizei befürwortet Tempo 20 - dessen Einhaltung künftig auch genauer überprüft werden soll.

Schanigarten

In München sind Schanigärten schwer angesagt, in Starnberg offenbar auch: Direkt vor einem Gastronomiebetrieb stehen draußen auf öffentlichem Grund selbst im Herbst und Winter Tische zum Essen und Trinken. Das soll es auch in Starnberg vorm Bahnhofplatz 8 - also direkt gegenüber dem Bahnhofsgebäude - weiterhin geben. Dafür entfallen allerdings sechs Kurzzeit-Stellplätze. Als Hol- und Bringzone steht Autofahrern der Abschnitt entlang des "Kulturbahnhofs" zur Verfügung. Das soll aber noch besser ausgeschildert werden, um Ungereimtheiten mit der kommunalen Parküberwachung zu verhindern.

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Teilsperrung des Rondells

Die bestehenden Verkehrsregelungen am teilgesperrten Rondell und der Fußgängerbereich sollen grundsätzlich ebenso beibehalten werden wie die Fläche für Veranstaltungen und Aussteller vorm Hotel "Bayerischer Hof". Die westliche Zufahrt bleibt geschlossen, die beidseitige Zu- und Abfahrt an der östlichen Zufahrt habe trotz einer gewissen Enge "im Zuge des Projekts gut funktioniert", betont die Verwaltung.

Einfach nur chillig: Vor dem stillgelegten Hotel "Bayerischer Hof" gibt es nun Beachfeeling mit einem Sandberg statt Parkplätzen. (Foto: Nila Thiel)

Nutzung des Rondells

Wenn eine öffentliche Fläche längerfristig gesperrt wird, dann sollte diese auch genutzt werden, meint die Stadtverwaltung. Das betrifft insbesondere den "Stadtstrand", der auf Initiative von Stadtrat Michael Mignoli (BLS) zustande gekommen war. Die Verwaltung schlägt vor, die Fläche mit 70 Tonnen feinem Sand, Liegestühlen und Piratenboot auch über den Aktionszeitraum hinaus beizubehalten und mit gastronomischen Angeboten zu erweitern. Allerdings: Es kann nicht abgeschätzt werden, welche Auswirkungen ein Erhalt der Fläche über den Winter im Hinblick auf mögliche Folgeschäden und Kosten haben könnte.

Einmündung Wittelsbacherstraße

Wer abbiegen will, muss genau hinschauen: Markierungen und Blumenkübel erschweren Autofahrern die Einfahrt von der Wittelsbacher- in die Bahnhofstraße. Dieser Zustand soll beibehalten werden. Allerdings soll anstelle der bislang "bunten" Markierungen nun eine dauerhafte Sperrfläche gemäß den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung aufgetragen werden. Ziel des Ganzen: Das "zügige Abbiegen in Richtung Rondell" soll unterbunden werden.

Verkehrsinsel und Stellplätze

Die im Bereich des Rondells neu installierte Verkehrsinsel auf der Bahnhofstraße hat sich als wahre Verkehrsbremse entpuppt - und soll daher ebenfalls dauerhaft bleiben. Gleiches gilt für die markierten Stellplätze entlang der Fahrbahn im Bereich zwischen Verkehrsinsel und Museumsunterführung: Durch die wechselseitige Anordnung werde eine "Geschwindigkeitsreduzierung des Kfz-Verkehrs erwirkt".

Was Fußgänger und Radfahrer erfreut, bringt Autofahrer an den Rand der Verzweiflung: Die gesperrte Innenstadt erzeugt auf den Hauptverkehrsadern längere Wartezeiten. (Foto: Franz Xaver Fuchs/Starnberger SZ)

Anfahrtszone Hotel Seehof

Die Betreiber des Hotels Seehof haben die im Zuge des Projekts eingerichtete Anfahrtszone zum Be- und Entladen sehr begrüßt, wünschen sich aber auch eine optisch deutlichere Abgrenzung. Die Stadtverwaltung plädiert ebenfalls für eine Beibehaltung der aktuellen Regelung zugunsten der Hotelgäste. Allerdings müsste eventuell ein weiterer Parkplatz zugunsten eines Blumenkübels entfallen.

Letzte Erinnerung an einen experimentierfreudigen Sommer im Rahmen des Programms "See and the City" rund um den Bahnhof See: die bunte Zeichnung eines Fischskelett auf der Straße. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Was wird zurückgebaut?

Da die Stellplätze vor dem Restaurant Gallo Nero und dem Hotel Seehof wieder freigegeben werden, sollen die Parkplätze auf der P+R-Anlage wieder der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Rückgängig gemacht werden soll die Einbahnstraßenregelung zur Theresienstraße: Die Anwohner im Achheim-Viertel fühlten sich im Aktionszeitraum doch etwas arg eingeschränkt. Zudem wählten einige rabiate Autofahrer als Ausfahrtmöglichkeit den Otto-Michael-Knab-Weg - ein Geh- und Radweg, der gar nicht befahren werden darf. Auch der vom Bürgersteig abgerückte Taxistand soll zurück an seine ursprüngliche Position. Insbesondere Busfahrer dürften sich darüber freuen: Sie können wieder ohne zentimetergenaue Kurbelei am Lenkrad in die Wittelsbacherstraße einbiegen. Zudem können Taxen auf der südlichen Seite der Bahnhofstraße wieder bis zur Verkehrsinsel halten.

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