Starnberger Umgehung:Schlussstrich unter die Endlos-Debatte

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Mit dem Beschluss, weitere Vorunteruntersuchungen zum Bau einer Nord-Ost-Umfahrung Starnbergs durchs FFH-Gebiet zu stoppen, trifft der Stadtrat mehrheitlich die richtige Entscheidung.

Kommentar von Peter Haacke, Starnberg

Als Datum mit historischer Tragweite muss in Starnberg der 21. Februar 2017 gelten: Nach stundenlanger Debatte hatte der damalige Stadtrat in namentlicher Abstimmung kurz nach Mitternacht einen Kompromiss verabschiedet, der dazu angetan war, einen 40 Jahre alten Streit für die verkehrsgeplagte Stadt zu beenden: "Tunnel bauen, Umfahrung prüfen" lautete die Entscheidung, die bei einer komplexen Gemengelage nur dank höherer Einsicht bei fünf Mandatsträgern - allesamt bis dahin Tunnelgegner und Umfahrungsbefürworter - zustande gekommen war. Der jahrelange Stillstand in dieser Frage schien beendet zu sein.

In der Folge liefen die Vorarbeiten für den B2-Tunnel, der wohl kaum vor 2030 fertiggestellt sein dürfte, auf Hochtouren. In der Frage zur Prüfung einer Umfahrung aber passierte zunächst nichts. Fast schien es, als habe sich die damalige Bürgermeisterin Eva John (jetzt: Pfister) in dieser Angelegenheit vor entscheidenden Fragen drücken wollen: Kann im hochsensiblen FFH-Gebiet überhaupt eine Straße gebaut werden? Wie steht es um Fauna und Flora, um nahezu unberührte Natur und Tiere, die auf der Roten Artenschutzliste stehen? Widerspricht der Bau womöglich geltendem EU-Recht? Und: Gefährde ich durch das Aussprechen dieser unangenehmen Fakten womöglich die Wiederwahl als Bürgermeisterin?

Nun, das Thema Wiederwahl hat sich für John 2020 bekanntlich erledigt. Der Versuch aber, versierte Unternehmen für eine faunistische Kartierung und eine hydrogeologische Untersuchung zu finden, blieb bis dahin erfolglos. Johns Nachfolger Patrick Janik aber fühlt sich weiterhin an die Zusage der Prüfung gebunden. Und die ersten nun vorliegenden Ergebnisse sind eindeutig: Eine Vielzahl schützenswerter Kreaturen im Schutzgebiet macht den Bau einer mindestens 70 Millionen Euro teuren Straße, die laut Gutachten bestenfalls 5700 Fahrzeuge aufnimmt, extrem unwahrscheinlich - wenn nicht sogar unmöglich.

Rückblickend betrachtet sind Diskussion und Streit um die Verkehrsentlastung für Starnberg oft falsch geführt worden: Statt über Jahre hinweg sinnlos Grabenkriege für oder gegen B2-Tunnel oder Nord-Ost-Umfahrung zu führen, hätte die Debatte grundsätzlich einzig auf Faktenbasis erfolgen müssen. In Starnberg aber hat ein Teil politisch aktiver Bürger - bewusst oder unbewusst - die Fakten zugunsten von Wunschdenken entweder ignoriert oder falsch interpretiert. Auch aufgrund der klammen finanziellen Situation ist es daher gut und richtig, weitere Voruntersuchungen für ein Projekt, das die Stadt allein zahlen müsste, zu stoppen. Die vertiefte Erkenntnis, dass eine Umfahrung nicht geht, braucht daher kein hydrogeologisches Gutachten und ist auch keine Viertelmillion Euro wert.

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