Contra:Das Alkoholverbot ist unverhältnismäßig

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Starnberg erwägt ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen. Die Stadtpolitik bedient sich dabei eines Instruments aus der Hochpandemiephase, dem mit der Rückkehr des öffentlichen Lebens die Legitimation abhanden kommt.

Kommentar von Linus Freymark, Starnberg

Das öffentliche Leben ist zurück - und damit die Begründung für das Alkoholverbot an den Starnberger Seeufern futsch. Weil Bars und Diskotheken geschlossen waren, hat sich die Situation in den vergangenen beiden Sommern nochmals verschärft, die Stadt reagierte bereits 2020 mit einem örtlichen Alkoholverbot von 22 bis 7 Uhr. Gebracht hat das wenig. Deshalb soll die Regelung nun, wo davon auszugehen ist, dass das Treiben am Seeufer auf vor-pandemisches Niveau zurückgehen wird, verschärft werden. Das ist paradox.

Man greift auf ein Relikt aus den Hochzeiten der Pandemie zurück, um sich ein länger bekanntes - und zugegebenermaßen lästiges - Problem vom Hals zu schaffen. Und das präventiv gleich für vier Jahre, anstatt die Regelung, die gerade für das bajuwarische Freiheitsverständnis einen herben Einschnitt darstellt, regelmäßig auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen.

Wie zielführend der nun präsentierte Ansatz ist, ist außerdem fraglich. Schließlich fangen viele derer, die man mit dem Verbot eigentlich treffen will, schon nachmittags an zu trinken. Dagegen würde wohl nur ein zeitlich unbegrenztes Alkoholverbot helfen. Das jedoch wäre der Gipfel der Unverhältnismäßigkeit, was sich schon daran zeigt, dass die Verwaltung diese Variante gar nicht erst in die Debatte eingebracht und der Stadtrat sie bereits vor zwei Jahren abgelehnt hat.

Mit dem Alkoholverbot von 20 Uhr an würden zudem alle in Mitleidenschaft gezogen werden, die den Tag gerne mit einem Bier oder einem Glas Wein ausklingen lassen. Bis um 19.59 Uhr wäre das genehmigt. Wer dummerweise länger arbeitet und es erst um 20.01 Uhr zum See schafft, könnte dagegen im Extremfall zur Kasse gebeten werden. Das muss man erstmal erklären können.

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