Klassik:Emotionale Frische im Sudhaus

Lesezeit: 2 min

"Young Hearts for Music Tour": Die preisgekrönten Nachwuchs-Musikerinnen Terézia Šuppová, Viola Asoskova und Klara Kotarsky (v.li.) begeistern im Schloss Seefeld. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die preisgekrönten Nachwuchs-Musikerinnen Terézia Šuppová, Viola Asoskova und Klara Kotarsky überzeugen ihr Publikum im Rahmen der "Young Hearts for Music Tour".

Von Reinhard Palmer, Seefeld

Über Sinn und Unsinn von Musikwettbewerben gibt es unterschiedliche Meinungen und Kontroversen. Einigkeit dürfte allerdings darin bestehen, dass Sieger der europäischen Wettbewerbe, die über EMCY (European Union of Music Competitions for Youth) vernetzt sind, ein beachtliches Niveau erreicht haben müssen und über eine außerordentliche Begabung verfügen. Man tut also gut daran, Konzerttermine der "Young Hearts for Music Tour" ernst zu nehmen, zumal es spannend mitzuverfolgen ist, wie sich die einzelnen musikalischen Persönlichkeiten entwickeln. Die drei Musikerinnen, die sich jüngst im Sudhaus des Schlosses Seefeld präsentierten, waren ein deutliches Indiz dafür, dass an den Musikhochschulen heute explizit darauf geachtet wird, Individualität zu fördern und Eigenheiten als Qualitätsmerkmale zu nutzen.

Ensemblespiel ist eine komplexe Angelegenheit: Es gilt, in jeder neuen Konstellation eine sorgfältig austarierte Balance der Stimmen so herzustellen, dass ein homogener Klangkörper entsteht. Sich dabei mit individuellen Temperamenten und Charakteren gegenseitig herauszufordern, bringt Spannung ist Spiel. Die Slowakin Terézia Šuppová (geboren 1998) an der Flöte trat sicher auf, moderierte auf Englisch mit überraschender Eloquenz, setzte im Spiel indes auf empfindsame Musikalität. Die schwedische Bratschistin Klara Kotarsky (2001) offenbarte einen agilen, unter Spannung stehenden Typ, was im deutlichen Kontrast zu ihrem weitatmigen Spiel stand. Der estnischen Pianistin Viola Asoskova (2003) fiel also die Aufgabe zu, mit größtmöglicher Flexibilität als Bindeglied zu agieren, was sie mit kraftvollem Temperament tat, obgleich sie ansonsten eher ruhig und in sich gekehrt wirkte. Eine interessante Konstellation, in der die Musikerinnen aufeinander hören und sich sorgsam abstimmen mussten, um einen homogenen Ensembleklang ausbalancieren zu können.

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Mit dem Ergebnis vitaler Intensität, die selbst der schon reichlich verbrauchten Träumerei Schumanns - arrangiert fürs Viola-Klavier-Duo - emotionale Frische entlocken konnte. Alleine die instrumentale Konstellation sorgte schon für ein rares Repertoire, darunter das Capriccio für Viola solo von Henri Vieuxtemps, das Kotarsky gewandt und mit großer Stimmenübersicht in schlüssige Form goss.

Eine Vorliebe für nordisch-elegische Stimmungen konnte man bei allen drei Musikerinnen feststellen, auch bei der Slowakin Šuppová. Die Moll-Aria aus der Flötensonate des Georgiers Otar Taktakishvili gab ihr zudem die Möglichkeit, mit einer dramatischen Steigerung Temperament zu demonstrieren. Elegische Melancholie in Reinform überraschte in "Heimatliche Melodie" für Klavier solo kaum, stammt sie doch aus der Feder des estnischen, tonalen Komponisten Heino Eller. Ihr liedhafter Charakter stellte Asoskova die Aufgabe der melodischen Gestaltung, die sie mit weiten Spannungsbögen meisterte.

Internationaler Klassik-Nachwuchs im Schloss Seefeld mit (v.li.) Terézia Šuppová aus der Slowakei, Viola Asoskova aus Estland und Klara Kotarsky aus Schweden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Reizvolle Farbkontraste waren indes im Duo concertante für Flöte und Viola Nr. 1 von Franz Anton Hoffmeister zu erleben, zumal erfrischend leicht von Kotarsky und Šuppová von melodiöser Festlichkeit über Galanterie bis hin zur Vergnüglichkeit mit vielen Varianten ausgespielt. In klanglicher Hinsicht waren die Trio-Konstellationen in Reichtum kaum zu überbieten. Etwa Schostakowitschs Suite "Fünf Stücke", die den Musikerinnen musikantische Verve abverlangten.

Als besonders reizvoll erwiesen sich die spritzig-leichten Tänze beim Changieren ins Melancholische. Hinreißend die finale Polka, die als Zugabe noch einmal zu hören sein sollte und erneut mit origineller Schlusspointe begeisterte. Das Finale oblag Ernest Bloch und seinem avantgardistischerem Concertino B. 80. Das Trio des Abends brillierte darin vor allem mit einer schlüssigen Dramaturgie, die den drei attacca gespielten Sätzen eine wuchtige Gesamtform verlieh, aber durchaus auch mal klotzige Sperrigkeit wagte.

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