Seefeld:Volksmusik ohne Schunkelfaktor

Lesezeit: 2 min

Grüne Geige, rote Haare: Monika Drasch (3.v.l.) gilt als eine der Wegbereiterinnen der Neuen Volksmusik. Begleitet wird sie von Alexandra Herzinger (Gitarre), Stefan Schreiber (Klarinette) und Alex Haas (Kontrabass). (Foto: Nila Thiel)

Bei ihrem Auftritt überzeugt Monika Drasch mit originellen Texten und ihrer Nähe zum Publikum. Bei der musikalischen Begleitung sticht vor allem eine Besetzung hervor.

Von Reinhard Palmer, Seefeld

Die Neue Volksmusik unterscheidet sich von der traditionellen vor allem in ihrer Offenheit nach allen Seiten. Das Prinzip ist nicht neu und hat schon unzählige Genres hervorgebracht. Auf diese Weise ist etwa der argentinische Tango entstanden, auch der Flamenco nuevo, Ethno-Jazz oder Country-Rock entsprechen diesem Prinzip. Was aber vor allem in Bayern und Österreich damit gemeint ist, unterscheidet sich in der Gewichtung: Es bleibt in erster Linie Volksmusik. Was indes alle Varianten verbindet ist die Vielseitigkeit der Musiker, die sie ausüben. Sie singen, jodeln, jazzen, bluesen, rocken, punken und poetisieren sich durch die Musikgeschichte, bisweilen finden sie sogar klassische Töne.

Monika Drasch ist geradezu ein Musterbeispiel solcher Tausendsassas, und ja, so etwas wie ein Urgestein dieser Gattung im Alpenraum. Bairisch-Diatonischer Jodelwahnsinn, Hubert von Goisern oder Hans Well sind erstklassige Referenzen, die sie nicht nur aus ihrer niederbayerischen Heimat, sondern auch weit über die Landesgrenzen hinausgetragen haben. Mit ihrer eigenen Band, ihrem geradezu kammermusikalischen Quartett mit Stefan Schreiber (Klarinette, Bassklarinette, Sopransaxophon), Alexandra Herzinger (akustische Gitarre) und Alex Haas (Kontrabass, Gesang) behauptete sie beim Auftritt im Sudhaus des Seefelder Schlosses "Nix is gwiss" mit dem Programm "Auf der böhmischen Grenz".

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Die kleinen Bühnen mit Direktkontakt zum Publikum taugen ihr offenbar genauso gut wie große Podien. Drasch hat keine Berührungsängste und plaudert drauflos, als wäre sie einfach nur zu Besuch bei Freunden. Schnell ist man mit ihren Freunden und Kindern vertraut und gehört quasi dazu. Die humoristisch gemeinten Pointen zündeten zwar nicht mehr wie erhofft, aber die Sympathie des Publikums war ihr sicher - und schließlich kam das Publikum in erster Linie der Musik wegen, die hier schon zum zweiten Mal begeisterte. Vor allem wohl wegen des Abwechslungsreichtums, der der traditionellen Eintönigkeit eine reiche Farbigkeit, stark ausdifferenzierte Charakteristika und vor allem immer wieder spannende und überraschende Wendungen entgegen hielt.

Drasch brachte mit Sopranino-Blockflöte, Dudelsack und ihrer grünen Geige in die rein instrumentalen Stücke schon selbst ausgeprägte Farbigkeit ein, die ihre Mitspieler auch als Herausforderung annahmen, passende Antworten zu finden. Während sie und Herzinger verstärkt der folkloristischen Substanz Gehör verschaffte, pendelten die beiden männlichen Musikanten zwischen den Genres. Schreiber sorgte mit weitschweifenden Jazz-Soli bisweilen für eine größere Tragweite und weitschweifende Gedanken, konnte aber auch ganz volksmusikalisch die zweite Stimme geben oder mit warmtoniger Farbigkeit Füllmaterial liefern.

Der Kontrabass ist traditionell eine Stimme im Untergrund und trotz Größe eher wenig beachtet. Nicht so bei Haas, denn was er aus seinem Instrument zaubert, lässt sich nicht in den Hintergrund drängen. Er lieferte die Grundsubstanz, sorgte aber auch für überraschende Wendungen, sowohl als Begleiter als auch in seinen überaus inspirierten Soli. Und was Kontrabassisten äußerst selten auszeichnet: Er kann singen! Und sogar jodeln!

Wer all seine musikalischen Eskapaden kennt von der Goldenen Lola prämierten "Hochzeitskapelle" über "Unsere Lieblinge" bis zum Jazz an der Seite von Franz-David Baumann, war hier über seine Vielseitigkeit wohl nicht überrascht. Für Drasch, die vorwiegend als Sängerin ihrer eigenen, originellen, bisweilen humorigen Texte im Vordergrund stand, erwies sich Haas als der ideale Duopartner und Backgroundsänger, der mit Kopfstimme gar in den weiblichen Höhenlagen zu brillieren verstand. Die trotzig stampfende und mimisch mitteilsame Drasch ließ aber keine Zweifel daran aufkommen, wer hier das Kleid anhatte. Die Begeisterung des Publikums reichte für zwei Zugaben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAschering
:Ein Kraftakt, der es in sich hat

Schauspieler Dieter Fischer von den Rosenheim-Cops stellt zusammen mit 40 Männern den Maibaum in seinem 330 Einwohner zählenden Heimatdorf Aschering auf - nur mit der Hand, ohne jegliche Sicherung durch einen Kran.

Von Astrid Becker

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: