Prozess:Selbstjustiz im Schulhof

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Ein Vater greift ein und wird angeklagt - Freispruch

Von Christian Deussing, Gauting

Ein zwölfjähriger Realschüler in Gauting hatte seinem Vater erzählt, er werde gemobbt. Auch Prügel seien ihm angedroht worden. Das bestätigte ein Freund vor dem Jugendschutzgericht in Starnberg, wo sich der Vater und der Onkel des Zwölfjährigen wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten mussten. Der Anklage zufolge hatten sie im vergangenen Oktober vor Unterrichtsbeginn auf dem Schulhof einen Siebtklässler abgepasst, den der Zwölfjährige beschuldigte. Die Männer sollen den Buben beleidigt, ihm den rechten Arm verdreht und mit Schlägen gedroht haben. Der Prozess endete jedoch mit einem Freispruch, weil die Vorwürfe nicht nachzuweisen waren.

In der Verhandlung stritten die Angeklagten die Vorwürfe ab. Man habe den Bub nur aufgefordert, die Belästigungen zu unterlassen, sagte der 45-jährige Vater. Sein Sohn habe schon "Angst gehabt, in die Schule zu gehen". Deswegen habe er eigentlich mit dem Rektor sprechen wollte. Zusammen mit seinem Bruder tauchte er aber nochmals zur ersten Pause auf dem Campus auf, worauf Schüler den Rektor informierten. Dieser sagte vor Gericht, dass die beiden Angeklagten auf ihn "nicht aggressiv, aber angespannt gewirkt" hätten. Erst nach der zweiten Aufforderung seien sie gegangen, erinnerte sich der Schulleiter. Er betonte, dass es an seiner Schule ein Konzept gegen Mobbing gebe und derartige Fälle "verschärft" verfolgt würden.

Der angeblich attackierte Schüler beschuldigte die beiden Angeklagten und erzählte, dass der Vater ihm den Arm hinter den Rücken gedreht habe und dessen Bruder ihm Schläge angedroht habe. Der 13-Jährige bestritt, den Zwölfjährigen gemobbt zu haben. Als Zeuge beteuerte er außerdem, dass sein Vater und sein Onkel den älteren Mitschüler nur zur Rede gestellt hätten.

Selbst der Staatsanwalt hielt die Aussagen des mutmaßlichen Opfers für nicht überzeugend und plädierte deswegen auf Freispruch. Zwar hätten die Angeklagten wohl verbal ruppig agiert und eventuell auch gedroht. Doch das sei nicht nachzuweisen, sagte der Ankläger. Dennoch sei es "generell unschön, dass sie nicht versucht hätten, über Lehrer diese Sache zu lösen, statt jemanden auf dem Schulhof abzupassen". Dieser Ansicht war auch Richter Ralf Jehle und kritisierte die Angeklagten, "in die falsche Richtung abgebogen zu sein". Denn es wäre besser gewesen, wegen der Vorwürfe einen Termin mit dem Rektor oder Mobbing-Beauftragten der Schule zu vereinbaren.

© SZ vom 20.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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