Prozess:Illegal Waffen im Internet bestellt

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50-jähriger Unternehmensberater wird in Starnberg zu einer Geldstrafe verurteilt

Von Christian Deussing, Starnberg

Der Mann ist sich keiner Schuld bewusst. Er ist überzeugt, "ganz normal" über sein Konto in einem Magazin Waffen bestellt und gekauft zu haben. Allerdings lief das Geschäft im Sommer 2016 über die inzwischen gelöschte Internetplattform "Migrantenschreck" ab. Der Stockdorfer hatte der Anklage zufolge bei dem Online-Händler über das Ausland ein Komplettpaket mit zwei Revolvern, Kaliber neun Millimeter, und ein Gewehr geordert, das einer Maschinenpistole ähnelt. Dazu kamen 120 Pfeffersprays und zwei Bestellungen mit insgesamt mehr als 750 Hartgummigeschossen. Der Gesamtwert der Bewaffnung betrug etwa 2500 Euro.

Doch der angeklagte Unternehmensberater stritt jetzt vor dem Amtsgericht Starnberg nicht nur ab, illegal gehandelt zu haben, sondern behauptete zudem, überhaupt keine Lieferung erhalten zu haben. Der 50-Jährige, der einen "Kleinen Waffenschein" besitzt, weigerte sich, den Strafbefehl wegen "unerlaubten Verbringens einer Schusswaffe" von 180 Tagessätzen zu 40 Euro zu begleichen. Allerdings glaubte ihm Richterin Christine Conrad die Geschichte nicht. Denn die Lieferungen seien nachweislich bezahlt worden, erklärte sie und fragte sich, warum sogar noch umfangreich Munition nachbestellt worden sei, "wenn angeblich nicht die Waffen geliefert wurden?" Sonst hätte man sich doch beschweren oder Anzeige erstatten müssen, befand sie. Dass die Zollfahnder bei einer Durchsuchung im Haus des Verdächtigen vor einem Jahr weder Schusswaffen noch Munition fanden, wertete das Gericht eher als Indiz dafür, dass die heiße Ware woanders versteckt worden sei. Denn der Angeklagte hatte im Prozess selbst darauf hingewiesen, dass bereits im Februar 2017 vor dem Onlineshop "Migrantenschreck" gewarnt worden sei, weil dieser Anbieter ins Visier der Justiz geraten ist.

Eine Zollfahnderin aus München bestätigte in der Verhandlung, dass es sich bei den Warenpaketen um keine Schreckschusswaffen gehandelt habe, und diese Bestellung für den Besitzer eines "Kleinen Waffenscheins" verboten sei. Die Ermittlerin hatte das Tablet des bislang nicht vorbestraften Familienvaters ausgewertet und die verdächtigen E-Mails inklusive Überweisungsbelege entdeckt. Für die Staatsanwältin haben sich die Vorwürfe nun umfassend bestätigt. Sie forderte aufgrund der Verstöße gegen das Waffengesetz eine erhöhte Geldstrafe von 21 000 Euro.

Der Verteidiger verlangte hingegen einen Freispruch oder zumindest die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage wegen geringer Schuld. Denn hier sei "mit Kanonen auf Spatzen geschossen" worden. Der Anwalt kritisierte zudem, dass bei der Durchsuchung die Haustür seines Mandanten so demoliert worden sei, als ob es sich bei diesem um einen Terroristen oder Schwerverbrecher handeln würde. Das beklagte auch der Angeklagte in seinem Schlusswort und betonte, gedacht zuhaben, legale Gaswaffen im Internet bestellt zu haben.

Doch es blieb dabei: Die Richterin kaufte dem Stockdorfer die Geschichte und seine Naivität nicht ab und verwies auf die notwendige Sachkunde beim Besitz eines "Kleinen Waffenscheins". Der Angeklagte wurde schließlich zu einer Geldstrafe von 8000 Euro (200 Tagessätze zu 40 Euro) verurteilt. Ob der 50-Jährige seinen besagten Waffenschein behalten darf, wird noch geprüft.

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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