Prozess:Hundert Euro pro Woche

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27-Jähriger soll Schülerin wegen Drogengeschäften erpresst haben

Es begann mit Komplimenten, die der Angeklagte, ein 27 Jahre alter Kfz-Lackierer aus dem nördlichen Landkreis, einer 16-jährigen Schülerin machte: Sie sei wie seine kleine Schwester, soll er zu ihr gesagt haben. Die Schülerin fand den Kfz-Lackierer jedenfalls "ganz nett", wie sie am Donnerstag vor dem Landgericht München II sagte. Das aber änderte sich. Die Schülerin soll von dem 27-Jährigen Ende 2017 angeblich viermal Marihuana bekommen haben. Als sie ihm sagte, dass sie keines mehr wolle, soll der Kfz-Lackierer nachts an ihrem Fenster geklopft und ihr damit gedroht haben, "Leute zu schicken", die sie "abholen" werden, und er sie mit "in den Tod" nehmen werde. Die Schülerin nahm die Drohungen ernst. Sie berichtete der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck davon, als sie wegen eigener vermeintlicher Drogengeschäfte zu einer Vernehmung vorgeladen wurde.

Der 27-Jährige, der sich nun vor der 2. Strafkammer am Landgericht München II unter anderem wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln sowie räuberischer Erpressung verantworten muss, soll nach der ersten Drohung Ende 2017 die damals 16 Jahre alte Schülerin noch ein weiteres Mal massiv unter Druck gesetzt haben. Als Beleg hatte die Schülerin dem Kripo-Beamten ein Telefongespräch mit dem Angeklagten vorgespielt, das sie heimlich aufzeichnete. Darin sei der Kfz-Lackierer "laut" geworden und habe die 16-Jährige "penetrant aufgefordert", das zu tun, was er von ihr verlange, so der Beamte vor Gericht. Hundert Euro wöchentlich sollte das Mädchen an ihn bezahlen. Falls sie das nicht tue, werde er ihrer Familie etwas antun, habe der 27-Jährige ihr gedroht, heißt es in der Anklage der Staatsanwaltschaft.

Die 16-Jährige bezahlte einmal 150 Euro. Sie gab dem Mann aber angeblich noch mehr Geld. Nämlich 300 bis 400 Euro, das zumindest behauptete die Schülerin am Donnerstag bei ihrer Vernehmung. Außerdem habe sie dem Angeklagten ihren Laptop sowie ihr Tablet als Pfand gegeben, als sie kein Geld mehr gehabt habe. Zurückbekommen habe sie beides bis heute nicht. Davon habe sie bei ihrer Vernehmung bei der Kripo Fürstenfeldbruck aber nichts gesagt, hielt der Vorsitzende Richter Stefan Weickert der Zeugin vor. Sie habe es damals bei der Polizei nicht gesagt, so die inzwischen 18-Jährige, weil ihre Mutter bei der Vernehmung dabei gewesen sei.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll der Kfz-Lackierer im Dezember 2017 die Schülerin aufgefordert haben, ihm Kunden für seine Drogengeschäfte zu vermitteln. Andernfalls geschehe ihrer Familie etwas. In der Folgezeit soll die damals 16-Jährige dem Angeklagten mindestens drei Kunden vermittelt haben, die dann bei ihm Marihuana gekauft haben sollen.

Nach Verlesung der Anklage regte einer der beiden Verteidiger des Kfz-Lackierers, Rechtsanwalt Michael Pösl, ein Verständigungsgespräch zwischen Gericht, Staatswaltschaft und Anwälten an. Es führte zu keinem Ergebnis, da der Vertreter der Staatsanwaltschaft nicht zustimmte. Für den Fall eines umfassenden Geständnisses stellte die Kammer dem 27-Jährigen eine Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren und drei Monaten sowie höchstens vier Jahren und neun Monaten in Aussicht. Der Kfz-Lackierer stimmte diesem Vorschlag zu und bekannte sich hierauf in einer Erklärung seines Anwalts zu den Vorwürfen aus der Anklage. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 07.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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