Nachruf:Augen und Ohren immer offen

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Leonhard Poelt hat zahlreiche Bücher geschrieben. Hauptberuflich war er Wirt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Pöckinger Wirt und Ortschronist Leonhard Poelt ist gestorben.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Für Leonhard Poelt als jüngstes Kind hatten die Eltern vorbestimmt, dass er einmal die 200 Jahre alte Postwirtschaft in Pöcking übernimmt. Doch Wirt zu sein, war Leonhard Poelt immer zu wenig: Er war ein Forschergeist, der alles ganz genau wissen wollte und den Dingen systematisch auf den Grund ging. Daher fuhr er jeden Mittwoch, wenn die Dorfwirtschaft Ruhetag hatte, ins Staatsarchiv und suchte geduldig nach Quellen über seine Heimatgemeinde. Zugleich war Poelt aber auch weltoffen und reiselustig. Sich selbst hat er einmal als "tief in der Heimat verwurzelten Weltenbummler" bezeichnet. Stets im Winter, wenn ihm die Arbeit in der Wirtschaft ein wenig Zeit ließ, ging er auf Reisen, insgesamt 33 Mal.

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Zusammen mit seiner Frau reiste der Pöckinger quer durch alle Kontinente vom Nordkap bis zum Kap der guten Hoffnung, von San Franzisco bis nach China. Darauf hatte er sich, gründlich wie er nun einmal war, stets intensiv vorbereitet. Und nach seiner Rückkehr schrieb er über jede Reise ein Buch: Mit seiner gestochen scharfen Handschrift verfasste er seitenweise Berichte über Natur und Geschichte des jeweiligen Landes und klebte Fotos dazu.

Poelt hat das Pöckinger Pfarrarchiv aufgebaut. Auch Brauchtum, Heimatpflege sowie der bairische Dialekt waren ihm ein großes Anliegen. Für seine Chronik über Pöcking und Possenhofen hat er 16 Jahre lang geforscht. Später kamen die Chroniken für die Ortsteile Aschering und Maising, hinzu und auch an dem Pöckinger Geschichtenbuch "Milli und Sterz" hat er mitgewirkt. Damit die zugezogenen Nicht-Bayern im Dorf seine Gedichte und Geschichten in den Büchern "'s reimt si" oder "Apfibliá und Zuáwiziaga" verstehen konnten, hat er sogar eine eigene Lautschrift entwickelt. Dabei ist der Dorfchronist stets bescheiden geblieben. "Ich informiere mich. Man hört zu und fragt", hat er einmal gesagt, als er gefragt wurde, wie er neben seiner Arbeit als Wirt noch Zeit findet, Bücher zu schreiben. Er habe halt immer Augen und Ohren aufgemacht.

Die Gemeinde hat ihn zum Ehrenbürger gemacht

Für seine Verdienste um das Dorf zeichnete ihn die Gemeinde im Jahr 2006 als ersten Bürger des Ortes mit der "Pöckinger Eule" aus, wenige Jahre später wurde ihm die Ehrenbürgerwürde verliehen. Am Pfingstsonntag ist Leonhard Poelt mit 97 Jahren verstorben. Mit ihm verliert Pöcking nicht nur einen leidenschaftlichen Heimatforscher und Dorfchronisten, sondern auch einen Dorfphilosophen, der die Stimmungen seiner Mitmenschen aufnahm und sein umfangreiches Wissen gerne weitergegeben hat.

Die Trauerfeier mit anschließender Beisetzung findet am Donnerstag, 1. Juni, um 13 Uhr, in der Kirche Sankt Pius in Pöcking statt.

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