Pöcking:Bier vom heimischen Balkon

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Mit Hopfen und Malz und dampfenden Sudkesseln kennt sich Anna Gansneder aus Pöcking aus. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Anna Gansneder setzt regelmäßig einen Sud an und braut Dunkles oder Weizenbier. Nun möchte die 26-Jährige Bierkönigin werden.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Anna Gansneder wirft einen prüfenden Blick auf das Thermometer. Sie muss aufpassen. Die Maische - also der Brei aus geschrotetem Malz und heißem Wasser -darf nur maximal 60 Grad heiß werden. Weil heute schönes Wetter ist, braut Gansneder zusammen mit ihrem Vater Ludwig das Bier auf dem Balkon. Seit sieben Uhr morgens werkeln die beiden schon an dem Biersud. Stundenlang wird der große Topf mit der Maische gekocht. Erst dann kann die Pöckingerin mit dem Läutern beginnen.

Heute ist ein besonderer Tag. Anna Gansneder braut zum ersten Mal ihren eigenen Sud. Bislang hat sie stets zusammen mit ihrem Vater Bier gebraut. Und zwar dunkles Bier, weil diese Biersorte das stark kalkhaltige Pöckinger Wasser am besten verträgt. Erstmals versuchen die beiden Hobby-Brauer heute, ein Weizenbier herzustellen - und jeder braut seinen eigenen Sud.

Schon seit elf Jahren braut Anna Gansneder zusammen mit ihrem Vater Bier für den Hausgebrauch. Sie ist ehrgeizig und möchte sich weiterentwickeln. Denn sie will bayerische Bierkönigin werden. "Es hat mich einfach interessiert", begründet sie, warum sie sich im Februar für den jährlichen Wettbewerb des bayerischen Brauerbundes beworben hat. Und die 26-Jährige ist überzeugt, dass man als Bierkönigin etwas vom Bier verstehen sollte. Zwar brauche man als Bierkönigin keine offizielle Brauer-Ausbildung. "Aber man sollte sich für die Materie interessieren, sonst wird es peinlich", sagt sie. Schließlich müsse man als Bierkönigin repräsentieren, auf der Grünen Woche oder auf Volksfesten. Zudem stehen Reisen an, nicht nur ins europäische Ausland, die Auftritte würden sie bis nach Amerika führen. Da müsse man auf der Bühne selbstsicher auftreten und sich kritischen Fragen stellen können. "Man sollte offen sein und nicht schüchtern", betont die sportliche Pöckingerin, die neben Bier brauen auch Ballett und Bergwandern zu ihren Hobbys zählt.

Gleichberechtigung gibt es übrigens bei den Wahlen nicht. Es sind ausschließlich Frauen zugelassen, die zudem mindestens 21 Jahre alt sein müssen. Der einzige Mann, der sich beworben habe, sei abgelehnt worden, erzählt Gansneder schmunzelnd. Eine Bierkönigin sollte ihrer Meinung nach auch mit den bayerischen Traditionen vertraut sein. Schließlich müsse man auf vielen Trachten-Veranstaltungen und Bierfesten nicht nur anwesend sein, sondern auch repräsentieren können. Daher bekommen Bierköniginnen sogar eine Ausbildung im Ozapfn. Denn sie müssten beim Wiesn-Anstich alles richtig machen, sagt Gansneder. Sie selbst erfüllt all diese Voraussetzungen. Die Pöckingerin war als Kind im Trachtenverein und hat die traditionellen Tänze gelernt. Und auf Maifeiern oder zum Starkbierfest ist es für sie selbstverständlich, dass sie im Dirndl erscheint.

Gebraut wird auf dem heimischen Balkon. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Übrig bleibt Treber für die Hühner. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Das Bier genießt die Familie Gansneder. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Im Februar hat sich die Führungskraft im öffentlichen Dienst, die ein berufsbegleitendes Master-Studium in Wirtschaftsrecht gemacht hat, im Internet beworben. Im ersten Online-Voting schaffte sie es als eine von 52 Kandidatinnen unter die ersten fünf. Und jetzt freut sich die sympathische Pöckingerin erst einmal, dass sie beim Brauerbund viel Neues lernen darf. Sie bekommt eine Medienschulung und lernt Repräsentationstechniken. Zudem wird sie darin geschult, auf Fragen ruhig und gelassen zu antworten. Im April ist eine Fahrt nach Kulmbach geplant. Es steht eine Brauereiführung auf dem Programm und ein Seminar, wie man eine Bierverkostung durchführt und die einzelnen Geschmacksrichtungen bezeichnet. Denn auch das gehört zu dem Pflichten einer Bierkönigin.

Ende April wird es eine weitere Online-Abstimmung geben. Die verbleibenden vier Kandidatinnen kommen ins Finale. Das findet am 16. Mai im Münchner Löwenbräukeller statt. Eine Jury sowie die Gäste im Saal entscheiden dort letztendlich, wer Bierkönigin wird.

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