Oberpfaffenhofen/Starnberg:Pfusch am Bau

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Gericht verurteilt Architekt und Polier, weil ein Handwerker von einer 200 Kilogramm schweren Bautür verletzt wurde

Von Michael Berzl, Oberpfaffenhofen/Starnberg

Im Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt bei Oberpfaffenhofen muss sehr gewissenhaft und ganz genau gearbeitet werden. Die Wissenschaftler, die auch die Galileo-Satelliten im All steuern, verwenden dort hochpräzise Messinstrumente. Als das neun Millionen Euro teure Gebäude mit Büros und Labors errichtet wurde, haben es die Handwerker dagegen manchmal nicht so genau genommen. Und das hatte unangenehme Folgen. Provisorisch angebrachte Metalltüren waren so schlecht befestigt, dass sie herausfielen. Ein Bauarbeiter wurde dabei verletzt und musste im Murnauer Unfallkrankenhaus am Knie operiert werden. Das Amtsgericht in Starnberg macht einen Architekten und einen Polier für den Vorfall verantwortlich und verurteilte sie zu Geldstrafen. Richterin und Staatsanwalt sprachen in Urteilsbegründung und Plädoyer von "Pfusch am Bau". Der Vorfall liegt nun fast drei Jahre zurück.

Die 200 Kilogramm schweren Bautüren im Erdgeschoss des Rohbaus waren nicht festgeschraubt, sondern nur mit Holzkeilen festgeklemmt. Auf diese Weise sollte die Betonwand geschont werden. Doch diese behelfsmäßige Konstruktion hielt der Belastung nicht stand und kippte auf einen 52-jähriger Metallbauer aus Regensburg. Er war zum ersten Mal auf der Baustelle und wollte gerade die Türöffnungen vermessen, um dann Zargen anzubringen. "Paul, die Tür", warnte ihn ein Kollege, doch der Monteur konnte sich nicht mehr in Sicherheit bringen. Er erlitt einen Bruch der linken Kniescheibe und eine Platzwunde am Hinterkopf. Nach Operation und zehn Tagen im Krankenhaus musste der 52-Jährige zur Reha; erst Monate nach dem Unfall konnte er wieder seinen Beruf ausüben. Nach einem langen Arbeitstag hat er manchmal immer noch Beschwerden im Knie; diese Beeinträchtigung bleibt ihm wohl auf Dauer.

Einen Kollegen aus Regenstauf hätte es am Tag danach fast auch noch erwischt. Er hatte noch im Augenwinkel bemerkt, dass sich da etwas bewegt, die schwere Tür kippte von ihm weg nach außen. Das war sein Glück. Gleich danach zog man auf der Baustelle die Notbremse und befestigte weitere nur behelfsmäßig befestigte Bautüren mit Dübeln. Wie ein Vertreter der Berufsgenossenschaft feststellte, waren sechs Bautüren bis zu diesem Zeitpunkt lediglich mit Holzkeilen fixiert und stellten so eine große Gefahr dar.

Die Staatsanwaltschaft hat außer den Architekten und den Polier auch einen Maurer und einen Zimmerer angeklagt, doch die Verantwortung für die Unfälle wollte keiner übernehmen. Die vier Rechtsanwälte forderten für ihre Mandanten jeweils Freisprüche. "Ich sehe kein Verschulden meiner Person", sagte der Architekt aus München, der den Einbau der provisorischen Türen angeordnet hatte. Als Bauleiter mit zehn Jahren Berufserfahrung müsse er sich darauf verlassen können, dass solche Aufträge ordnungsgemäß erledigt würden, zumal auf einer so großen Baustelle, auf der bis zu 70 Arbeiter beschäftigt waren. Der Rechtsanwalt des Poliers beteuerte, sein Mandant habe die Tür ordnungsgemäß befestigt und nicht so, wie sie am Tag des Unfalls vorgefunden wurde.

Amtsrichterin Brigitte Braun verurteilte die Beiden wegen Baugefährdung und Körperverletzung, wie es auch Staatsanwalt Florian Burkhardt gefordert hat. Der Architekt muss 4000 Euro, der Polier 4900 Euro Geldstrafe bezahlen. Der Maurer und der Zimmerer, die mit angeklagt waren, wurden freigesprochen, weil sie offenbar zu dem Zeitpunkt, als die Bautüren verkeilt wurden, nicht auf der Baustelle waren.

© SZ vom 04.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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