Neuried/Gauting:Gesitteter Schrecken

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Aug' in Aug' mit dem Zottelwesen aus der Unterwelt: Allzu furchtsam durften die Zuschauer beim Perchtenlauf nicht sein. (Foto: Georgine Treybal)

Der Perchtenlauf zum Adventsmarkt des Forsthauses Kasten

Von Annette Jäger, Neuried/Gauting

Eines muss man Johann Barsy, dem Wirt des Forsthauses Kasten, lassen: Er hat Sinn für mystische Inszenierungen. Am Samstagabend hat er zwischen all den Weihnachtsmarktständen eine Arena freigeräumt, wo sonst im Sommer die Biergartentische des beliebten Ausflugsziels zwischen Gauting und Neuried stehen. Buntes Licht lässt die kahlen Bäume geisterhaft erscheinen. Hunderte von Zuschauern drängen sich um die Szenerie, die den Blick auf die Küche im Hexenhäusl freigibt, in der die Hex' mit dem rotkopfigen Teufelssohn die Teigrolle schwingt und der Papa, der grüngesichtige Goggolori (der Wirt) mit am Tisch sitzt. Es ist die Szenerie, die Barsy dem Perchtenlauf als Rahmen gibt. Tatsächlich geht es hier aber nur um eines: Alle sind gekommen, um die Perchten zu sehen, den Gastauftritt der gruseligen Zottelwesen aus Österreich.

Er ist bereits Barsys 5. Rauhnacht zum Adventsmarkt. Und sie ist zum Publikumsmagneten geworden. Aus dem weiten Umkreis reisen die Besucher für das Unterwelten-Spektakel an. Eigentlich ist es der Job der Perchten, in eisigen Nächten, den Rauhnächten, den Winter auszutreiben. In Forstkasten sollen sie losgelöst von ihrem Ursprung die Zuschauer das Fürchten lehren.

Weil Barsy auch ein Faible für Geschichten hat, dachte er sich vor fünf Jahren eine Rahmenhandlung aus: Der Goggolori, eine im Würmtal beheimatete Figur, treibt darin sein Unwesen. Die Geschichte wird Jahr für Jahr weitererzählt. Heuer ist das Leid der Neuzeit auch in teuflischen Kreisen angelangt: Goggolori ist arbeitslos, seine Frau, die Hex', treibt ihn an, sich einen Job zu suchen, die S-Bahn hat Verspätung, alle haben Allergien, und am Aubinger Tunnel ist Stau. "A bisserl verkopft, oder?" raunt eine Zuschauerin. Mag sein, aber das ist nicht so wichtig, denn endlich gibt Goggolori den Ring frei für die Perchten: mit rotglühenden Augen, Ketten rasselnd, Sensen schwingend und mit Glocken am Gürtel erobern sie den Ring. Es ist die Forst-Kasten-Gruppe darunter, nach und nach folgen fünf Gruppen aus Österreich.

Das Ganze dauert vielleicht ein wenig zu lang. So mancher Zuschauer verzupft sich nach dem Auftritt der dritten Gruppe. Auch die Zottelwesen wirken etwas ausgebrannt. In den Vorjahren gab es ordentlich Feuerspektakel. Heuer ist nur Funkensprühen angesagt, dazu ziehen Rauchschwaden über den Platz. So bleibt von der 5. Rauhnacht ein gesittet-schöner Schrecken.

© SZ vom 14.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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