Wenn ein Satellitenstart ansteht, müssen die Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen Geduld und Ausdauer haben. Denn die Starts müssen, wenn das Wetter nicht mitspielt oder es Probleme an der Trägerrakete gibt, immer wieder kurzfristig verschoben werden.
Es war deshalb schon 4.14 Uhr am frühen Montag, als aus Baikonur in Kasachstan der erfolgreiche Start des zweiten DLR-Erkundungssatelliten Tandem-X gemeldet wurde; eine halbe Stunde später wurden die ersten Signale des Satelliten von der Bodenstation Troll in der Antarktis aufgefangen.
Die ganze Nacht hatten mehr als 100 Techniker, Ingenieure und Forscher in Oberpfaffenhofen an der Mission mitgearbeitet. Jetzt war man am Ziel - sprich im All. Und jetzt konnte die Crew die verdiente Stärkung genießen - eine bayerische Brotzeit.
Seit diesem Montag werden von Oberpfaffenhofen nun zwei Erdbeobachtungssatelliten gesteuert: Tandem-X und TerraSar-X. Die beiden Satelliten sollen endgültig klären, wie die Erde tatsächlich an der Oberfläche ausschaut. Seltsamerweise und trotz vieler kreisender Himmelskörper gibt es laut DLR für weite Teile des insgesamt 150 Millionen Quadratkilometer Erdfläche nur grobe oder lückenhafte Höhenmodelle. Diese Lücke soll die Tandem-X-Mission mit der digitalen Erfassung der globalen Landmassen in 3D schließen.
Die Mission wird von Oberpfaffenhofen aus gesteuert. Johann-Dietrich Wörner, der Vorstandsvorsitzende des DLR, spricht stolz von einem "deutschen Schlüsselprojekt". Oberpfaffenhofen demonstriere damit "die deutsche Kompetenz in der satellitengestützten Radartechnik". Das Satelliten-Duo wird mit einem Abstand von nur wenigen hundert Metern in enger Formation in 514 Kilometern Höhe die komplette Landoberfläche der Erde mehrfach und vollständig vermessen, um endlich Klarheit über die genaue Beschaffenheit des Planeten zu bekommen. Die gewonnenen Daten lassen sich später für viele Bereiche nutzen, darunter Umweltschutz, Rettungshilfe oder Gletscherbeobachtung.
Wie nützlich die Daten von Terra-Sar-X sind, der seit 2007 im Dienst ist, zeigte sich beim Erdbeben von Haiti, wo dank der genauen Bilder das Ausmaß der Katastrophe dokumentiert werden konnte. Den Rettungskräften konnten auf diese Weise offene Zufahrtswege gezeigt werden und damit Menschen gerettet werden. Kein Wunder also, dass man sich beim DLR viel von der neuen Mission verspricht. Von einem weltweit einmaligen Datenmaterial ist die Rede.