Nachtmarkt in Herrsching:Hauptsache, es hagelt nicht

Lesezeit: 3 min

Noch bis Sonntag gehört das Ammerseeufer Händlern und Künstlern. Ihr Erfolg hängt vom Wetter ab, und das ist im August eher durchwachsen. Trotzdem kommen alle Beteiligten gern - wegen des Flairs und des Zusammenhalts untereinander.

Von Astrid Becker, Herrsching

Feuerspuckern zusehen, Livemusik hören, Klamotten oder Geschenke für die Liebsten shoppen oder sich mit Freunden treffen - der Nachtmarkt in Herrsching lockt jährlich Tausende Menschen aus der Region, aus München, aber auch aus weiterer Ferne an. "Klein-Tollwood" nennen ihn die Einheimischen daher gern. Doch wie beim großen Vorbild in München hängt der Erfolg dieses Ereignisses maßgeblich vom Wetter ab, und das zeigt sich diesmal eher durchwachsen, was den Händlern das Leben auf dem Markt nicht immer erleichtert - auch wenn sie sich über mangelnde Besucherströme auch heuer nicht beklagen können.

"Wenn Sie noch was wollen, kaufen Sie es gleich, vielleicht sind wir morgen gar nicht mehr da", sagt ein Taschenhändler und grinst. Es ist Mittwochabend, kurz vor 23 Uhr. Der Mann packt gerade zusammen, als sich zwei Besucherinnen noch anschicken, sein Sortiment zu begutachten. Sein Scherz, denn als solcher ist seine Aussage zu verstehen, ist eine Anspielung auf den großen Hagel an Pfingsten, der die Händler heuer arg getroffen hat. Der Markt, der viermal im Jahr stattfindet, musste damals im Juni wegen des Unwetters evakuiert werden, was die Standbesitzer um Umsätze brachte. Viele von ihnen sind auch diesmal wieder hier, und wenn man mit ihnen über das durchwachsene Wetter jetzt im August spricht, eint sie eine Aussage: "Hauptsache, es hagelt nicht wie an Pfingsten." Nach dieser Erfahrung kann sie wohl nicht mehr viel erschüttern. "Der Start am vergangenen Sonntag war ja extrem gut", sagt beispielsweise die Schmuckhändlerin Dorothea Habel aus Fürstenfeldbruck, die sich maue Zwischenzeiten, wie beim Regen am Montag mit Werkstattarbeiten vertreibt: "Ich habe immer alles dabei, kleinere Sachen, Ringe verkleinern oder vergrößern, mache ich hier vor Ort." Nicht nur im Auftrag von Kunden, sondern auch auf Bitten von Händlerkollegen - einem Standnachbarn zum Beispiel repariert sie am Mittwoch einen Ring: "Er hat mir an Pfingsten beim Unwetter geholfen, jetzt helfe ich eben ihm."

Das gehört wohl auch zu dem besonderen Flair, von dem nicht nur Besucher, sondern auch Standbesitzer sprechen: der Zusammenhalt untereinander. Ohne den, so sagt Besenmacher Volker Kees, ginge es nicht. Er kommt aus dem Schwarzwald, betreibt dort seit 50 Jahren eine Werkstatt, in der er normalerweise seine Kunden empfängt. Auf Märkte, wie nach Herrsching, geht er mit seinen handgefertigten Besen, Pinseln, Bürsten und Wedeln, um seinen Kundenkreis zu erweitern, wie er sagt. Der Nachtmarkt in Herrsching sei dabei aber für ihn immer etwas Besonderes. Die Lage am See, das Flair, das durch die Veranstaltungen entstehe, die Stimmung am Abend, all das sei einzigartig, schwärmt er. Und: "Das gibt es nirgendwo anders, dass sich vier Märkte im Jahr an einem Ort halten." Sein Lieblingsmarkt an der Herrschinger Seepromenade ist aber der im August: Er dauert von allen am längsten: auch heuer eine Woche, noch bis Sonntag, 18. August. Werktags ist er von 15 Uhr an, am Wochenende von elf bis jeweils 23 Uhr geöffnet.

Gegenüber von Kees' Stand verkaufen Elisabeth und Alexandra von Oestreich aus München Kleidung ihres Labels "Libunti", vieles aus ihrer Kollektion ist aus Bambus gefertigt: einem nachhaltigen Material, in dem man nicht schwitzt. Elisabeth von Oestreich hat die Stücke selbst entworfen und lässt sie handfertigen. Deshalb gibt es auch nur Unikate oder nur ein paar wenige Exemplare eines Modells - wie ein olivfarbenes Wickelkleid zum Beispiel, das eine dunkelhaarige Frau ins Auge fasst, es sich aber noch überlegen will. Keine gute Idee: Nur wenige Minuten später hat es eine andere erblickt und sofort erstanden. Immerhin kommen die beiden "Rivalinnen" miteinander ins Gespräch, was aber hier, an diesem Stand, wohl öfter passiert. "Das ist einfach eine Oase für Frauen", soll es eine andere Kundin später nennen. Weil die Stimmung hier so gut sei wie die Beratung, und das Angebot ohnehin "individuell und nichts von der Stange" sei.

Meint diese Frau, aber auch die Standbesitzerin von nebenan. Judith Pießkalla bietet dort unter dem Namen "Hupifu" ebenfalls handgefertigte Mode an, allerdings nur für Kinder. Wenn bei ihr gerade nichts los ist, hilft sie schon mal bei "Libunti" mit: "Ich würde den schwarzen Jumpsuit nehmen", sagt sie zum Beispiel zu einer Kundin. "Wir müssen doch zusammenhalten", erklärt sie später. Wichtig, auch wenn es regne, sagt auch Alexandra von Oestreich: "Dann kann so ein Tag ganz schön lang werden, und da ist man echt froh, wenn man nette Menschen um sich hat."

© SZ vom 16.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: