Kommunale Finanzen:"Schlimmer geht's nimmer"

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Das Gymnasium in Tutzing müsste saniert werden. Aber das ist eine der Aufgaben, die sich der Kreis derzeit nicht leisten kann. (Foto: Nila Thiel)

Der Starnberger Kreistag genehmigt mit großer Mehrheit den Krisen-Haushalt 2023. Die Grünen stimmen gegen den Etat für das kommende Jahr.

Von Michael Berzl, Starnberg

"Schlimmer geht's nimmer": So charakterisiert FW-Kreisrat Albert Luppart aus Pöcking die finanzielle Situation des Landkreises Starnberg. Und Kollegen aus anderen Fraktionen klingen ähnlich in der abschließenden Beratung über den Haushalt für das nächste Jahr. Landrat Stefan Frey (CSU) spricht von einer Zeit, "die der Landkreis so wahrscheinlich noch nie hatte". Das klingt dramatisch - und tatsächlich machen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen in vielen Bereichen bemerkbar. Knappe Kassen zwingen zum Streichen, Kürzen und Schulden machen. Mehrere millionenschwere Investitionen werden erstmal um Jahre verschoben. Das gilt für den Neubau der Fachoberschule in Starnberg und ursprünglich geplante Arbeiten am Starnberger Krankenhaus ebenso wie für die Generalsanierung des Tutzinger Gymnasiums. "Die fetten Jahre sind vorbei. Wir sind bereits in der Krise angekommen", sagte CSU-Fraktionssprecher Harald Schwab.

Die Entwürfe für die Fachoberschule in Starnberg werden vorläufig nicht umgesetzt. Der Landkreis ist dafür zu knapp bei Kasse. (Foto: Schürmann Dettinger Architekten)

Nach stundenlangen, eingehenden Beratungen in den vergangenen Wochen hat der Kreistag am Montag den Haushalt für das nächste Jahr und die Finanzplanung für die nahe Zukunft mit großer Mehrheit beschlossen. Die gesamte Fraktion der Grünen sowie der AfD-Kreisrat Ingo Hahn aus Stockdorf und die fraktionslose Christine Nimbach aus Tutzing lehnten den Etat ab. Die Grünen hatten im Kreisausschuss in der vergangenen Woche noch eine Liste mit Änderungsvorschlägen präsentiert, die aber abgelehnt wurden. Sprecherin Martina Neubauer kritisierte nun vor allem die Einsparungen in der Jugendhilfe.

Der Kreis häuft in den kommenden Jahren einen immensen Schuldenberg auf

Es sind vor allem die Auswirkungen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg mit Inflation, rasant gestiegenen Energiekosten und hohen Ausgaben für die Unterbringung von Flüchtlingen, die nun in wirtschaftlicher Not niederschlagen und viele Einschnitte nötig machen. "Die weltpolitische Lage trifft uns mit voller Wucht", sagte CSU-Sprecher Schwab. Außerdem steigen Personalkosten und der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) braucht mehr Geld. Nach mehreren schuldenfreien Jahren häuft der Kreis Starnberg in der nahen Zukunft einen immensen Schuldenberg auf. Nach einer Übersicht von Kreiskämmerer Stefan Pilgram sind es in vier Jahren 148 Millionen Euro. Ohne Verzicht auf die großen Bauvorhaben wären es sogar 231 Millionen geworden.

"Wir können nicht ständig weitere Unterkünfte aus dem Boden stampfen", findet Starnbergs Landrat Stefan Frey (CSU). (Foto: Georgine Treybal)

Neu ist auch, dass der Kreis erstmals seine Kliniken mit hohen Beträgen subventionieren muss. Bisher hatte das Starnberger Kreiskrankenhaus regelmäßig ein Plus erwirtschaftet, so dass es auch eigene Einkünfte in Modernisierungen investieren könnte. Nun sind die Vorzeichen anders. Auch die Klinik muss Kredite aufnehmen, der Kreis übernimmt die Bürgschaft dafür. Landrat Frey sprach in dem Zusammenhang von einem "Millionenaufwand, der noch nie dagewesen ist". Mit dem Thema werde man sich noch intensiv befassen müssen, kündigte SPD-Fraktionschef Tim Weidner an.

FW-Kreisrat Luppart glaubt: "Es wird schlimmer."

Peter Unger von den Grünen kritisierte die Ausgaben in Höhe von 1,5 Millionen für die Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis (GWT). Schließlich sei es nicht nötig, den Tourismus zu fördern: "Es kommen genug Menschen von alleine zu uns." Auch neue Gewerbegebiete hält er für unnötig. Die FDP sehe vor allem die steigenden Personalkosten im Landratsamt kritisch, sagte der Fraktionsvorsitzende Wilhelm Boneberger.

Der Blick in die Zukunft fällt in der Starnberger Kreispolitik sehr unterschiedlich aus. Während für Landrat Frey die Devise gilt: "In schwerer Zeit Kurs halten und die Herausforderungen annehmen" und CSU-Sprecher Schwab meint, "es muss auch wieder aufwärts gehen", befürchtet der FW-Fraktionsvorsitzende Luppart: "Es wird nicht einfacher. Im Gegenteil: Es wird schlimmer."

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