Konzert:Zauberer auf fünf Saiten

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Renaud Garcia-Fons. (Foto: Maren Martell)

Kontrabassist Garcia-Fons mit Trio beim Starnberger Jazzfestival

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Der Kontrabass ist aus der Brummel-Ecke längst raus. Viele virtuose Kontrabassisten haben gezeigt, zu welchen Höhenflügen dieses Instrument fähig ist. Zu den Magiern auf vier Saiten gehört der vor knapp 56 Jahren an einem Heiligabend geborene Franzose Renaud Garcia-Fons, den Manfred Frei von Loft-Music zu seinem Jazzfestival "Days of Happiness" eingeladen hatte. Sobald die ersten Töne erklangen, war klar, dass Garcia-Fons beim "BMW Welt Jazz Award" 2017 als unumstrittener Sieger hervorgegangen sein muss. Das dort in die Waagschale geworfene Programm "Revoir Paris" sollte auch das Starnberger Publikum auf eine Reise in die Stadt der Liebe mitnehmen.

Das französische Knopf-Akkordeon der Chansonniers durfte daher nicht fehlen, der aus Grenoble stammende David Venitucci hielt es dennoch einfühlsam im Hintergrund. Im Zentrum stand konsequent der Kontrabass. Und auch Stéphan Caracci, aus Marseille stammender Schlagzeuger und Vibraphonist, brachte das Fingerspitzengefühl mit, dieser Verkehrung der Verhältnisse zu entsprechen. Die drei Musiker sind allesamt einstige Absolventen diverser Konservatorien, sie beherrschen alle Spieltechniken - auch wenn die ausschweifende Virtuosität letztlich Garcia-Fons vorbehalten blieb. Nur so hat er den Freiraum, seine Finessen auszuspielen.

Die Verstärkeraussteuerung seines Kontrabasses zielte darauf ab, höchstmögliche Klarheit und Transparenz zu ermöglichen. Garcia-Fons braucht auch den scharf geschnittenen Ton, um in schnellen Tonfolgen nicht breiig zu werden. Bisweilen wandte er die Tremolo-Zupftechnik des Gitarrenspiels an, um rasante Läufe oder wirbelnde Motive in präziser Intonation auszuspielen. Grandios ist Garcia-Fons' Bogentechnik, die er meist mit elektronischen Hilfsmitteln klanglich nachtarierte. So konnte sein Kontrabass vor allem in den Höhenlagen wie ein lyrisches Saxophon oder eine psychedelische Trompete klingen. Große Wirkung hinterließen denn auch die Balladen, in denen der gestrichene Bass mit dem Sound einer E-Gitarre geradezu abhob, um rockig ausschweifende Soli behutsam und voller Poesie zu spielen.

Jazz, Klassik, Rock - die Gattungen reichen nicht aus, um Garcia-Fons' Musik zu beschreiben. Schon als Student lernte erdie arabische Musik kennen. Das sogenannte springende Spiccato (eine Art Bogenschlagtechnik) ist die geeignete Spielart, den Klang exotisch anmutender Instrumente nachzuahmen. Aber auch andere Arten des Spiccato, kombiniert immer wieder mit dem singenden Bogenstrich, ließen einen Hauch arabisch-folkloristischer Atmosphäre einfließen. Szenen wie "Je prendrai le métro", "Après la pluie" oder "Les rues vagabondes" waren in ihrer suggestiven Wirkung und Atmosphäre denn auch gut nachvollziehbar. Das Wiedersehen mit Paris vermittelte lebendige und alltägliche Eindrücke: buntes Treiben in den Straßen, Momente der Stille in vergessenen Winkeln, Wehmut. Hemingways "Paris, ein Fest fürs Leben" kam in den Sinn: eine Liebeserklärung an Paris, wie es lebt, träumt und pulsiert. Frenetischer Applaus und zwei Zugaben.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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