Konzert:Stimmig in allen Details

Lesezeit: 3 min

Auf einer Linie: das Goldmund Quartett und Klarinettist Roman Gerber (rechts) bei ihrem Konzert zu den Brahmstagen Tutzing. (Foto: Arlet Ulfers)

Roman Gerber und das Goldmund Quartett spielen in Tutzing die Klarinettenquintette von Mozart und Brahms

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Wenn Musiker auf die Bühne gehen, dann mit dem Vorsatz, ihr Bestes zu geben. Ob dann der Auftritt wie gewünscht abläuft, ist allerdings von vielen Faktoren abhängig.

Doch an diesem Kammermusikabend der Tutzinger Brahmstage stimmte einfach alles: die Chemie unter den Musikern, die Atmosphäre im Saal der Evangelischen Akademie bis hin zur Verbindung der Protagonisten mit dem Publikum. Und das schon vom ersten Ton an. Rund, satt und klar ließen der Starnberger Roman Gerber am Bassetthorn und das Goldmund Quartett mit Florian Schötz und Pinchas Adt (Violinen), Christoph Vandory (Viola) sowie Raphael Paratore (Violoncello) von Anfang an das Klarinettenquintetts A-Dur KV 581 von Mozart erklingen.

Wer kennt es nicht? Dennoch ist die Ausführung mit dem Originalinstrument der Komposition, dem Bassetthorn, das einst der Wiener Klarinettist Anton Stadler spielte, eher ein rares Ereignis. Mozart bedachte das tiefer reichende und runder klingende Instrument explizit und nutzte den erweiterten Tonumfang auch aus, bisweilen für fahrige Linien, die Gerber virtuose Brillanz ermöglichten.

Im direkten Vergleich von Mozarts Werk mit dem später am Abend aufgeführten Klarinettenquintett h-Moll op. 115 von Brahms wurde vor allem der Unterschied in der Rolle der Klarinette deutlich. Bei Mozart steht sie im Grunde solistisch dem Streichquartett gegenüber. Wegen der herausragenden Homogenität des Goldmund Quartetts, die sich flexibel genug zeigte, Gerbers Part gleichsam mitzudenken, ergab sich eine schöne Balance.

Auch wenn Streicher und Klarinette unentwegt dialogisierten, konnte so der geschmeidige Fluss der Komposition wohltuend und aus einem Guss vollzogen werden. Insbesondere im betörend schönen Larghetto, in dem die fünf Musiker die Empfindsamkeit ins Extreme führten. Während bei Brahms im langsamen Satz die Zartheit etwas Blühendes und die Empfindsamkeit gar etwas Ätherisches an sich hatte, verbunden mit tiefer Innigkeit, offenbarte sich bei Mozart der sakrale Zug einer himmlischen Stimme über weiten Klanglandschaften.

Das erinnerte eher an das Largo im Streichquartett D-Dur op. 76/5 von Haydn. Nach dem beschwingt-vitalen Auf und Ab des Kopfsatz-Allegrettos folgte in diesem langsamen Satz ein wehmütiger Gesang über wohlig austarierten Klangfolien, die den Klang des Quartetts in ganzer Pracht offenbarten. Das Menuetto ließen die Musiker dann nicht minder warm fließen, mit scharfer Pointierung kontrastiert und zu dunkler Dramatik gesteigert.

Das Menuetto in Mozarts Klarinettenquintett ist indes festliche Musik in satter Farbigkeit, von dem Klarinettisten Gerber und dem Goldmund Quartett mit freudiger Leichtigkeit veredelt. Ganz anders bei Brahms, dessen Biograph Max Kalbeck die Atmosphäre des Werkes als "Abschied von der schönen Welt" deutete. Das Andantino an dritter Stelle gab das Quintett in diesem Sinne mit verhaltener Heiterkeit, die Melodik hatte einen Anflug von Melancholie und Wehmut. Auch hier fehlten die satten Steigerungen nicht, die bei Brahms immer wieder geballte Klangmassen heraufbeschwören und von den Protagonisten üppig ausgespielt wurden.

Noch deutlicher zeigten sich die Zusammenhänge in den Schlusssätzen. Haydn hatte einst den Typus des ausgelassenen Kehraus' mit mitreißendem Wirbel auf die Spitze getrieben. Und auch in seinem D-Dur-Streichquartett kehrte das Goldmund Quartett diese Grundstimmung hervor, nahm sich aber in den leisen Zäsuren extrem weit zurück, was zu einer sehr plastischen Durchbildung des Satzes führte. Der Kehraus setzte sich schließlich durch.

In Mozarts Variationsallegretto des Klarinettenquintetts ergab sich ein ähnliches Bild, doch mit einem leichten, spritzigen Thema, dem fein differenzierte Variationen folgten - bis hin zur gesteigerten Verve in der Reprise des Themas. Den Gegensatz dazu markiert das Finale bei Brahms, schließlich geht es dort auch um das tragische h-Moll. Sein Variationssatz am Schluss floss in breiter Melancholie, bäumte sich immer wieder mit Temperament zu Dramatik auf, fiel aber auch wieder in schönmelodische Melancholie zurück. Raffiniert der Kunstgriff, durch entwickelnde Variationen schließlich in Rhythmus und Klang einen Bezug zum Kopfsatz herzustellen. Konsequent setzten Roman Gerber und das Goldmund Quartett den Schlusspunkt in tragischer Resignation, die den weiten emotionalen Bogen folgerichtig vollendete.

Nach frenetischem Applaus im Konzertsaal der Akademie gab es noch Heiterkeit in der Zugabe: das Menuetto aus dem Klarinettenquintett B-Dur op. 34 von Carl Maria von Weber, gespielt mit viel Humor und Schwung.

© SZ vom 25.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: